Gugel (Kleidung)

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Verschiedene Gugel und ihre Trageweisen in einer Miniaturmalerei von Pierart dou Tielt, ca. 1353

Die Gugel, mittelhochdeutsch auch gogel, kogel, kugel (aus althochdeutsch cucula, wohl von keltisch kūkka ‚Gipfel‘[1]), war eine vor allem im 14. Jahrhundert in Deutschland von Männern und Frauen getragene kapuzenartige Kopfbedeckung mit Kragen.

Es wird angenommen, dass die Gugel Namensgeberin für den Gugelhupf ist.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorläufer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gugel entstand aus dem römischen Cucullus bzw. Sagum cucullatum, einem wollenen Überwurf mit Kopfloch und Kapuze, der seit dem 1. Jahrhundert nachweisbar ist. Er wurde in Form der Capa bis ins Mittelalter von Bauern, Jägern, Hirten, Pilgern, Mönchen und Reisenden zum Schutz vor der Witterung getragen.[2][3]

Die ins 11. Jahrhundert datierte Skjoldehamndrakten wurde auf einem Hof in Andøya in Norwegen gefunden. Neben anderen Kleidungsstücken besteht sie aus einer gugelartigen Kapuze (kaprun) mit Kragen. Sie stellt ein eigenständiges Kleidungsstück dar und ist nicht am Umhang befestigt. Vorne ist sie geschlossen. Die ausgegrabene Gugel wurde aus drei oder vier rechteckigen Textilstücken in Köperbindung gefertigt und zeichnet sich vor allem durch den eckigen Kragen aus.[4]

Entstehung und Wandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gugel entstand im 14. Jahrhundert aus Vor allem im Mansfelder Bergbau trugen die Bergmänner die Gugel als Fahrhaube.[5][6] Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Tragen der Gugel im zentraleuropäischen Adel modisch. Im Zuge dessen wurde die eng anliegende Gugel in leuchtenden Farben, auch im Mi-parti, hergestellt, außerdem mit Perlen und Edelsteinen besetzt, mit Wahlsprüchen bestickt oder mit einem überlangen Schwanz, der Sendelbinde, verziert.[1] Ab etwa 1365 wurde die Gugen auch durch Zatteln, später auch durch Glöckchen, verziert, was jedoch wieder abebbte und sich schließlich nur als Zeichen von Unterhaltern, etwa in Form der Narrenkappe, erhielt.

Die Limburger Chronik erwähnt Kogeln erstmals für das Jahr 1351, für 1362 beschreibt sie den Wandel der Mode: „Und die junge menner trugen meistlich alle geknaufte kogeln, als [wie] die frauwen. Und diese kogeln wereten mehr dann dreissig Jahr, da vergingen Sie.“[7] Der Kragen, Goller genannt, war anfangs schmal, später wurde er breiter und bedeckte die Schultern oder nahm die Form eines Umhangs an. Er war gewöhnlich vorne offen, aber mit Knöpfen am Hals verschließbar, gelegentlich mit einer Knopfleiste auf ganzer Länge.[1]

Zwei Narren mit Gugel und langen Sendelbinden, Psalter der Jutta von Luxemburg von Jean Le Noir, ca. 1348/49.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gab der Adelsstand die Gugel auf. Stattdessen etablierten sich im Adel ab etwa 1360 Varianten des Gugel, so etwa turbanartige Kopfbedeckungen (mit Sendelring) und insbesondere der Chaperon, der in Zentraleuropa später auch Sendelbinde oder Schapperon genannt wurde.[8] Bei diesen Kopfbedeckungen konnte der Kragen und der Schwanz locker um Kopf und Schultern herabhängen oder als Kinnriemen oder Trageband dienen.[1]

Parallel entwickelten sich im linksrheinischen und norddeutschen Raum offene Haubenformen, die von Frauen ohne Abnehmen ihrer leinernen oder seidenen Haube getragen werden konnten. In einigen deutschen und schweizerischen Städten, z. B. Zürich, wurde um 1370 das Tragen von Gugeln durch Frauen eingeschränkt.[9]

Im 15. Jahrhundert entwickelten sich aus der Gugel zwei separate Kleidungsstücke: aus dem Kragen der Goller, aus dem Kopfteil die Zipfelmütze. In der ländlichen Bevölkerung wurde die Gugel noch bis in das 16. Jahrhundert getragen, auch als Trauerkleidung blieb sie so lange erhalten.[1]

Der Name der bayerischen Geheimgesellschaft Guglmänner leitet sich von diesem Kleidungsstück ab, sie tragen noch heute bei rituellen Zusammenkünften eine schwarze Kapuze, die Kopf und Schultern zur Gänze bedeckt.

Von der Gugel zum Gugelhupf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Hefegebäck Gugelhupf hat seinen Namen – wie Schmeller in seinem Bayerischen Wörterbuch annimmt – wohl von der Gugel. Er zitiert aus einem Innsbrucker Nachdruck von 1637 des Spottliedes DieTeütsch-Frantzösin: „Ein wunderhohen Gogelhopf, mit bändtlein überzogen, trägt sie auff ihrem stolzen Kopf krum hin und wider pogen“.[10] Auch Selhamer[11] berichtete 1701 in seiner Tuba Rustica von Frauen „mit ihren hohen Gogelhopff am Kopf“.[12][13]

Heraldik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gugel im Wappen von Güglingen

Diese Kopfbedeckung ist auch in der Heraldik im Wappen als gemeine Figur anzutreffen. In der Stadt Güglingen ist es ein redendes Wappen. Ein altes Münchner Siegel zeigt einen Mönchskopf mit Gugel.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Katrin Kania: Übersehen – verkannt – vergessen. Die Gugel in Wort, Bild, Fund und Experiment. Bamberg 2003 (Magisterarbeit, Bamberg, Otto-Friedrich-Universität).
  • Gugel. In: Ingrid Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-010577-3.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gugel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Sendelbinde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Eintrag zu Gugel in Canmore, der Datenbank von Historic Environment Scotland (englisch)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Ingrid Loschek, Gundula Wolter: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 6. Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010818-5, S. 229.
  2. Ingrid Loschek, Gundula Wolter: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 6. Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010818-5, S. 160.
  3. Aenne Liebreich: Kostümgeschichtliche Studien zur kölnischen Malerei des 14. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für Kunstwissenschaft. 1928, ISSN 0863-582X, S. 65–104, JSTOR:24496127.
  4. Kjersti Åshagen, Lars Erik Narmo: Skjoldehamn costume returns. In: vesteraalen.info. Abgerufen am 18. Mai 2024 (englisch).
  5. Otto Spitzbarth: Von den Bergmännischen Trachten im Mansfelder Kupferschieferbergbau 1200–1950. Sangerhausen 1978, S. 2–4, 6.
  6. Erinnerungen an den historischen Steinkohlenbergbau im Gesamtbergamt Obernkirchen-Barsinghausen. In: miner-sailor.de. Abgerufen am 19. Mai 2024.
  7. Tilemann Elhen von Wolfhagen: Die Limburger Chronik. Nach dem ältesten Drucke von 1617. Hrsg.: Friedrich Zurbonsen. Düsseldorf 1910, S. 30 (nbn-resolving.org).
  8. Ingrid Loschek, Gundula Wolter: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 6. Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010818-5, S. 446.
  9. Kopfbedeckung. In: Wienische Hantwërcvrouwe 1350. Abgerufen am 18. Mai 2024.
  10. Johann Andreas Schmeller: Bayerisches Wörterbuch: Mit einer wissenschaftlichen Einleitung zur Ausgabe Leipzig 1939. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2014, ISBN 978-3-486-84570-9, S. 880 (google.de [abgerufen am 28. Dezember 2018]).
  11. siehe zu diesem Thomas Groll: Selhamer, Christoph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 217 (Digitalisat).
  12. Christoph Selhamer: TUBA RUSTICA. Das ist: Neue Bei- Predigen, Worinnen auf alle Sonntäg deß Jahrs Wundersame Lieb- und Lebens- Thaten, ... Erster Theil. in Verlag Georg Schlüters, Buchhändlers, 1701, S. 83 (google.de [abgerufen am 27. Dezember 2018]).
  13. Johann Andreas Schmeller: Bayerisches Wörterbuch: Sammlung von Wörtern und Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl, als in der ältern und ältesten Provincial-Litteratur des Königreichs Bayern ... Cotta, 1828, S. 22 (google.de [abgerufen am 27. Dezember 2018]).