Benutzer:Treinisch/Werkstatt/Tonnentierchen

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Tonnentierchen

Coleps hirtus viridis

Systematik
ohne Rang: Alveolata
ohne Rang: Ciliophora
ohne Rang: Intramacronucleata
ohne Rang: Prostomatea
Gattung: Tonnentierchen
Wissenschaftlicher Name
Coleps
Nitzsch, 1817

Das Tonnentierchen (Coleps) ist eine der beiden Gattungen des Taxons Prostomatea[1] und gehört zu den Wimperntierchen. Das längliche bis ovale Tonnentierchen erinnert mit seiner festen Hülle aus überlappenden Panzerplatten entfernt an eine Tonne.

Tonnentierchen kommen sowohl in Süßwasser, als auch in Salzwasser[2] vor. Sie sind weit verbreitet hauptsächlich auf dem Grund von Gewässern und in Gewässern mit viel Detritus[3]. Generell tolerieren Coleps sp. geringe und sehr geringe Saurstoffkonzentration und teilweise sogar anaerobe Bedingungen.

Tonnentierchen treten das ganze Jahr über auf, im Frühling etwas häufiger. Es wurden in Ausnahmefällen Konzentrationen von bis zu 10·106 Individuen pro Liter beobachet, normale Konzentrationen bewegen sich je nach Gewässer und Jahreszeit im Bereich von einigen 100 bis 10000 Individuen pro Liter.

Die Panzerplattengürtel des Tonnentierchens: ACP = Anterior Corollary Plates, AMP = Anterior Main Plates, PMP = Posterior Main Plates, PCP = Posterior Corollary Plates

Das Aussehen des Tonnentierchens wird bestimmt durch die vier gut erkennbaren quer verlaufenden Gürtel aus sich überlappenden Platten, die aus calciniertem Polysaccharid bestehen[3] (zwei weitere Gürtel aus Panzerplatten sind unter dem Lichtmikroskope nicht zu erkennen: der umgebende Mund- und Analgürtel). Sie sind in den Alveolen, flachen Vakuolen unter der Zellmembran (Pellicula), eingelagert. Die Panzerplatten weisen auf der einen Seite Dornen auf, die aber nicht ohne weiteres zu erkennen sind, da sie unterhalb der jeweils vorhergehenden Panzerplatte liegen, ferner weist jede Panzerplatte charakteristische Fenster auf, die entweder bretzel- oder nierenförmig sind.

Tonnentierchen fressen Algen, Bakterien, jagen andere Ciliaten[4] und sogar Rädertierchen. Außerdem ernähren sie sich von abgestorbenem organischem Material [5].

Einige Arten von Tonnentierchen, zum Beispiel Coleps hirtus viridis und Coleps spetai verfügen über Zoochlorellen [5] (Chlorella vulgaris) die ihnen einen Überlebensvorteil bei Nahrungsmangel verschaffen.

Tonnentierchen vermehren sich ungeschlechtlich durch Querteilung in zwei Tochterzellen. Nach der Zellteilung verfügt jedes der neuen Exemplare über drei der sechs Gürtel (zwei der vier unter dem Lichtmikroskop erkennbaren) und bildet drei (zwei der sichtbaren) Gürtel neu.

Mit Hilfe der Cilien am ganzen Körper und einer oder mehrerer caudalen Cilie(n) bewegen sich Coleps schnell fort. Längere Strecken legt das Tonnentierchen geradlinig unter schneller Rotation um die Längsachse zurück.

Tonnentierchen finden sich zu einem geringeren Anteil in der aufgenommenen Biomasse von Wirbellosen wieder als ihre Häufigkeit nahelegen würde, vermutlich verschafft ihnen ihre Panzerung einen Vorteil gegen bestimmte Fressfeinde. Bei Crustaceen der Gattung Thermocyclops wurde beobachtet, dass bis zu 9% der Nahrung in Form von Coleps sp. aufgenommen wurde.

Bedeutung für den Menschen

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Tonnentierchen haben Bedeutung als Indikator für die Gewässerverschmutzung[3].

Art Leitorganismus Güteklasse
Coleps hirtus Ja β-mesosaprob
Coleps nolandi Nein oligosaprob/β-mesosaprob bis α-mesosaprob

Mitglieder der Gattung Coleps, wurden als Ursache für den Tod von jungen Aquarienfischen, namentlich Corydoras, Tigerbarben und schwarze Teleskopaugen ermittelt. Die Tonnentierchen haben sich dabei mit ihrer Mundöffnung (Cytostoma) an das Deckgewebe (Epithel) und die Flossen der Fische festgeheftet. Die Sterblichkeitsrate lag in den beobachteten Fällen bei 20%-90%[6]

Arten (Auswahl)

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[7]

Merkmale einiger häufiger Arten

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Art Charakterisierung
Coleps hirtus hirtus Keine symbiontischen Zoochlorellen.
Vier bretzelförmige Fenster in den vorderen Hauptplatten (anterior mainplate) im Gegensatz zu C. spetai mit fünf.
Die Kanten der Platten sind rauh aber nicht flügelartig erweitert wie bei C. spetai.
Die Dornen der Panzerplatten sind versetzt zu den Fenstern angeordnet, nicht auf gleicher Höhe wie bei C. nolandi.
Coleps hirtus viridis Verfügt über symbiontische Zoochlorellen.
Ansonsten exakt wie C. hirtus hirtus.
Coleps nolandi Keine Zoochlorellen.
Dornen der Panzerplatten auf Höhe der Fenster.
Coleps spetai Symbiontische Zoochlorellen.
Fünf Fenster in den vorderen Hauptlatten, anders als C. hirtus mit vier Fenstern.
Die Kanten der Platten sind flügelartig erweitert.
  • Foissner, W.: Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems; Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft, 1991
  • Linder, H.: Herman Linder Biologie 13. Aufl., J.B.Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart 1963
  • Streble, H.; Krauter, D.: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwassers. 10. Aufl., Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH& Co. KG, Stuttgart 2006 ISBN 3-440-10807-4

Einzelnachweise

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  1. Sina M. Adl, Alastair G. B. Simpson, Mark A. Farmer, Robert A. Andersen, O. Roger Anderson, John A. Barta, Samual S. Bowser, Guy Bragerolle, Robert A. Fensome, Suzanne Fredericq, Timothy Y. James, Sergei Karpov, Paul Kugrens, John Krug, Christopher E. Lane, Louise A. Lewis, Jean Lodge, Denis H. Lynn, David G. Mann, Richard M. McCourt, Leonel Mendoza, Øjvind Moestrup, Sharon E. Mozley-Standridge, Thoams A. Nerad, Carol A. Shearer, Alexey V. Smirnov, Frederick W. Spiegel, Max F. J. R. Taylor: The New Higher Level Classification of Eukaryotes with Emphasis on the Taxonomy of Protists. The Journal of Eukaryotic Microbiology 52 (5), 2005; Seiten 399-451 (Abstract und Volltext)
  2. Coats D W, Clamp J C: Ciliated Protists (Ciliophora) of the Gulf of Mexico. In: Felder D L, Camp D K (Hrsg.): Gulf of Mexico–Origins, Waters, and Biota. Biodiversity. Texas A&M Press, College Station, Texas 2009, S. 57–79.
  3. a b c Streble H, Krauter D: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwassers. Ein Bestimmungsbuch. Kosmos (Franckh-Kosmos), Stuttgart 2006, ISBN 978-3-440-10807-9.
  4. Madoni P, Berman T, Hadas O, Pinkas R: Food selection and growth of the planktonic ciliate Coleps hirtus isolated from a monomictic subtropical lake. In: Journal of Plankton Research. 12. Jahrgang, Nr. 4, 1990, S. 735–741 (oxfordjournals.org).
  5. a b Auer B, Czioska E, Arndt H: The pelagic community of a gravel pit lake: Significance of Coleps hirtus viridis (Prostomatida) and its role as a scavenger. In: Limnologica – Ecology and Management of Inland Waters. Band 34, Nr. 3, 2004, S. 187–198, doi:10.1016/S0075-9511(04)80044-6.
  6. Székely C, Bereczky M C: An unusual case of disease in pet fish stocks caused by Coleps sp. In: Dis. aquat. Org. Band 13, 1992, S. 143–145 (int-res.com [PDF]).
  7. Rudberg P, Sand O: Bistable membrane potential of the ciliate Coleps hirtus. In: J. Exp. Biol. 203. Jahrgang, Pt 4, Februar 2000, S. 757–64, PMID 10648217 (biologists.org).
  • Artikel über das Tonnentierchen mit Fotos auf denen ein Rädertierchen-Ei attackiert und gefressen wird (in englischer Sprache). Artikel
  • Video eines Tonnentierchens beim Fressen (in russischer Sprache). Video


Kategorie:Wimpertierchen