Benutzer:W.S.Herrmann/Spielwiese/Schlaraffenlieder

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Schlaraffenlieder.

Schlaraffia ist ein weltweit verbreiteter Männerbund, dessen Angehörige in wöchentlichen Veranstaltungen zusammenkommen, um Kunst, Freundschaft und Humor zu pflegen. Während ihrer Treffen (sog. Sippungen) wird wiederholt gemeinsam gesungen. Die bei dieser Gelegenheit verwendeten Lieder sind in verschiedenen "Klangbüchern" publiziert.

Der Männerbund in Geschichte und Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gründung des Bundes erfolgte am 10.10.1859 in Prag. Der Direktor des Deutschen Theaters hatte eine Anzahl von 24 Künstlern und Sympathisanten zusammengerufen, um einen Verein zu begründen, der sich in Zielsetzung und Stil von der Prager Vereinigung "Arcadia" unterschied. Man erklärte sich als Proletarier, da die Mitglieder (heute "Urschlaraffen" genannt) nicht von adeligem Stande waren.

Nach einigen Jahren ausschließlich Prager Schlaraffen-Sippungen wurden einige Mitglieder in andere Städte berufen und begründeten in ihren neuen Wohnorten ähnliche Vereinigungen ( z.B. Berlin, Leipzig, Graz, Breslau usw.). Auf einem ersten Konzil in Leipzig (1871) schloss man die verschiedenen Schlaraffen-Reyche zu einem internationalen Bund unter der Leitung der "Allmutter Praga" zusammen und bestimmte, dass neue Reyche, wo immer sie auf dem Erdball begründet würden, der Sanktion durch den Dachverband bedürften. Alle Reyche wurden in einer sog. Stammrolle verzeichnet. Die Lieder wurden gesammelt herausgegeben und mit anspruchsvollen Klaviersätzen versehen. Man begründete eine Zeitschrift mit dem Namen "Derer Schlaraffen Zeytung". Bis zum Jahre 1938 entstanden weltweit etwa 300 Reyche.

Da die Leitung der "Allmutter Praga" zukam und weltweit ohne jegliche Beschränkung jüdische Teilnehmer verzeichnet waren, wurde der Männerbund 1938 durch das Regime des Nationalsozialismus verboten. Alle Reyche in Deutschland, Österreich und den tschechischen Ländern wurden geschlossen (sog. Uhufinsternis; vgl. Maas 2006). Einige wichtige Dokumente zur Geschichte des Bundes konnten ins Archiv des "Schlaraffenreyches" von Bern (Schweiz) überführt werden.

Nach Ende des 2. Weltkrieges wurden unter Mithilfe Nordamerikanischer "Reyche" die deutschen und die österreichischen Schlaraffenbünde größtenteils neu eröffnet. Das Prager Mutterreich blieb geschlossen. Aber viele neue "Colonien" wurden nach und nach sanctioniert, so dass der Weltbund 2011 480 Vereine umfasst. (In diese Zählung sind allerdings die erloschenen "Reyche" inbegriffen, die nach der "Uhufinsternis" nicht wieder eröffnet worden sind.)

Die erklärte Zielsetzung des Bundes besagt unter anderem, dass die Regelungen des "Spiegel" und des "Ceremoniale" streng einzuhalten seien. Daher ergibt sich eine Tendenz zur Beharrung. Man bevorzugt das Festhalten am Alt-Hergebrachten; und dies betrifft großenteils auch Texte und Kompositionen der Lieder. Dennoch ist es im Einzelnen zu vielerlei Neuerungen und Umorientierungen gekommen, die für Literatur- und Musikgeschichte gerade deswegen von Belang sind, weil man beharrlich versucht hat, konservativ zu bleiben. Die Unmöglichkeit, im Gang der Geschichte stillzustehen, wird auf zum Teil belustigende Weise belegt.

Die Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datei:SchlaraffenLiederkranz.jpg

In den ersten Jahren seit dem 18.10.1998 sind Manuskripte herumgereicht worden - meist nur mit Liedtexten. Melodie und Klavier-Satz wurden als bekannt vorausgesetzt. Immerhin hatte man seit 1862 (A.U. 4) ein Büchlein mit dem Titul: "Schlaraffia-Klänge. 2000. veruhu-, oho- und ahate Ausgabe", die mit dem Untergang des "Hohen Reyches Praga" der Zerstörungswut des National- sozialismus zum Opfer gefallen sein dürfte.

1883 sind es die Rtt. Papyrus und Quell des "Hohen Reyches Olmucia" (35; Olmütz in Tschechien) gewesen, die diesem auf Dauer unhaltbaren Zustand ein Ende bereitet haben, indem sie 110 Lieder in Buchform veröffentlicht haben. "Schlaraffischer Liederkranz" war der Titel; und dieser Liederkranz ist noch gänzlich ohne Noten gewesen - bzw. die Noten mussten in den Herzen und Köpfen der Sassen vorhanden sein. Sonst konnte der gemeinsame Gesang schwerlich gelingen.

Die Ritter Quell und Parsifal (35) haben 1890 dem "Liederkranz" 90 weitere Gesänge hinzugefügt und alle 200 Klänge mit Text und Melodie-Notation im Selbstverlag publiziert.

Vor allen Beteiligten ist wohl dem Ritter Klex (35) das Verdienst um die erste Klavierbuch-Ausgabe der Schlaraffenlieder zuzuschreiben. 1891 erschien der erste Klavierband, der die Grundlage für alle weiteren Auflagen in den folgenden 30 Jahren ergab.

Im Jahre 1933 berichtet Ritter Zwilling (3) von den Verhandlungen für ein neues, reformiertes Klangbuch. Man hatte die Idee, alte - d.h. nicht mehr gesungene - Lieder auszumustern und durch neue zu ersetzen, die sich bereits seit Jahren und Jahrzehnten in verschiedenen "Reychen" durchgesetzt hatten.

In tragischer Ironie heißt es dann: "... möge auch der neuen Bearbeitung unter einem glücklichen Stern ein gleicher Erfolg beschieden sein. - - Lulu". (Vgl. Zwilling 1933) Die folgenden Jahre haben diesen "Stern" dann hervorgebracht und dem Bund ein jähes - wenngleich nicht endgültiges - Ende bereitet.

Im Oktober 1950 hat Ritter Prima-Vista (Castrum Bonnense, Bonn) schließlich die gewaltige Vorarbeit des Ritters Zwilling vollendet und den heute noch in manchen "Reychen" bevorzugten Klavierband in Verbindung mit kleinen Melodiebändchen herausgebracht. Diese Ausgabe zeichnet sich durch prunkvollen Klaviersatz und gewissenhafte Edition aus, ohne die der heute übliche Liederschatz kaum vorstellbar wäre.

Im Jahre 2009 hat Ritter Tonio (Asciburgia, Aschaffenburg) endlich eine Überarbeitung vorgelegt, die nach den folgenden Grundsätzen erfolgte.

- Wiederum wurden Gesänge ausgemustert, die nach empirischer Umfrage nicht mehr oder kaum noch im Gebrauch waren. Immerhin blieb ja das 50er Buch erhalten, so dass der Zinkenmeister jederzeit auf früher Gesungenes zurückgreifen konnte.

- Der Klaviersatz wurde entpathetisiert und zugleich dem prima vista spielenden Zinkenmeister erleichtert.

- Die Intonation wurde bei vielen zu hoch notierten Liedern um etwa eine kleine Terz herunter transponiert. Dadurch ist es dem wenig geübten Sänger möglich, ohne zu grölen, mit herzlicher Anteilnahme annähernd die vom Klavier angegebene Intonation einzuhalten.

- Schließlich gab es mit der Neubearbeitung die Chance, "neue Lieder" einfließen zu lassen, die sich im Verlauf der Jahre 1950 bis 2009 irgendwo im Uhuversum durchgesetzt hatten.

Rückblickend ist zu konstatieren, dass bei aller Neigung zum Beharren auf der Väter Vorbild ein Wechsel stattgefunden hat, der die "Dauer" nicht vermissen lässt.

Allgemeine Stille[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stilistik, also die Wissenschaft von den Eigenarten eines Dichters, einer Epoche oder einer Gattung (Hans-Werner Eroms: Stil und Stilistik. Eine Einführung. Schmidt, Berlin 2008), ist besonders geeignet, um eine Spiegelung vorzunehmen: eine Abbildung dessen, was man selbst ist oder sein möchte - vielleicht sogar, was man nicht ist. In diesem Sinne haben die Literaturwissenschaftler seit jeher die Charakterisierung von Dichtern, ihren Lebensabschnitten, Gattungen, Zeitstilen usw. betrieben.

Schlaraffias Spiegelung durch das eigene Liedgut erfordert Stilistik: sowohl literarisch als auch musikalisch. Gar zu eigenartig wirkt dieser Liederschatz einer Männervereinigung erklärtermaßen germanistischer Provenienz.

Zuerst die Prosodie, also die Analyse des Klanglichen, das der Dichtung ganz besonders eigen ist und von den Theoretikern der Literatur (z.B. Herder) als das eigentlich Künstlerische der menschlichen Sprache bezeichnet worden ist (Herder: Über den Ursprung der Sprache. Straßburg 1771). In den Anfängen der Schlaraffischen Bewegung waren Endreim, metrischer Vers und reguläre Strophe gerade noch gebräuchlich. Die Lyrik des frühen Rilke wies dann sehr bald in andere Richtungen, wenngleich man im sog. Expressionismus noch einmal zu diesen klassischen Kennzeichen des Lyrischen zurückkehrte (Heym, Benn, Trakl und andere mehr, übrigens auch noch Hermann Hesse). Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die deutsche Lyrik außerhalb geschlossener Verbände nicht mehr zu Endreim und klassischer Strophenform zurückgefunden. Nur in restaurativen Vereinigungen ( wie z.B. Kirchen, Männerbünden, Karnevalsvereinen etc.) ist das "gute Alte" erhalten geblieben. Darum hat auch die Schlaraffia an ihren spätromantischen Prosodica bis heute festgehalten.


Die Lexik der Schlaraffen hat immer wieder Anlass zur Buchproduktion gegeben (Abraxas, Rt.: Die allerletzten Geheimnisse des Uhuversums. Bad Mergentheim 2006). Das Wörterbuch der sozialen Schichten, Verbände und politischen bzw. religiösen Vereinigungen ist neben Dialektforschung und Argot- und Fach-Lexika zum Standard philologischer Forschung geworden. Das Schlaraffenlied ist voller Ideolekte und Idiome. Ideolekte sind Wörter und Wendungen, die eine bestimmte Denkungsweise bestimmter ethnischer Gruppierungen kennzeichnen. Idiome sind davon unscharf abgegrenzt und betreffen mehr Wort-übergreifende Wendung bis hin zu Sätzen. Sie entspringen ebenfalls dem Sprachgebrauch bestimmter Gruppen, Regionen oder Vereinigungen und werden gelegentlich in sog. Wörterbüchern publiziert.

Ob nun der Aha ein Würdenzeichen oder ein Trinkgefäß ist, jedenfalls handelt es sich um ein ethnisches Synonym standardhochdeutscher Lexeme wie Becher oder Halskette. Nur der Schlaraffe weiß auf Anhieb, was jeweils gemeint ist, und sichert seine emotionale Zugehörigkeit zum Verein, indem er Lexeme und Idiome der Schlaraffia benutzt. So auch das Schlaraffenlied. Es dient sogar dazu, die Zusammengehörigkeit (Solidarität) der Vereinsangehörigen zu stabilisieren.

Die Semantik des Wortes wird von der Semantik des Textes ergänzt. Man findet satzübergreifende Stilkennzeichen, die das Schlaraffische Liedgut charakterisieren. Allen voran ist der Humor zu nennen. Es handelt sich nicht um den sarkastischen Witz bzw. die sarkastische Ironie, die den Karnevalisten oder Kabarettisten auszeichnet. Humor ist vielmehr ein Stilistikum, das Lächeln anstelle von Grinsen oder höhnischem Gelächter erzeugt. Schon in Aristoteles' " Nikomachische(r) Ethik" galt Eutrapelia als die gesellschaftlich akzeptable Art, sich über andere lustig zu machen. Thomas von Aquin kannte die Schriften des Aristoteles (im Gegensatz zu den Mönchen des frühen Mittelalters) und hat darum Eutrapelie als Lustigkeit aufgefasst, die mit dem Gebot der Nächstenliebe vereinbar sei. Franz von Assisi forderte sogar, man solle in der Stunde der Bedrängnis (Folterung) hilari vultu (lächelnden Gesichts) bleiben. Man erkennt den tiefen Hintergrund der Schlaraffischen Selbstfindung.

Die Gattungen des Schlaraffischen Liedgutes sind zahlreich, und doch auch charakterisierend. Allen voran steht der Hymnus. Ursprünglich eine lyrische Gottes-Anrede, findet der Hymnus Verwendung, um Uhu und Aha anzusprechen. Auch die Allmutter Praga wird hymnisch verehrt. Mit ihr zusammen die "Hohen Reyche" im gesamten "Uhuversum" (Universum).

An zweiter Stelle steht das Trinklied. Es ist seit der Antike eine Gattung der leichten Dichtkunst (Horaz z.B.) und wird im Kontext der Schlaraffischen Sippung reichlich verwendet. Neben den Gelegenheiten des Trinkens finden sich Gelegenheiten zur Eröffnung und zum Abschied (Eröffnungslieder, Abschiedslieder). Auch die Totenklage gehört in diese Reihe der Gelegenheitsdichtungen. Das Abendlied gewinnt im Gegensatz zu älteren Vertretern dieser Gattung eine besondere Stellung, weil es nicht zur Ruhe und Besinnung anhält, sondern zum fröhlichen Scherzen und Zechen.

Die Laudatio ist eine nicht immer lyrische Gattung, durch die der Schlaraffe besonders das Frauenlob formuliert. Auch andere Referenten des Lobens sind zu nennen: besonders die sog. Herrlichkeiten - also zu lobende Oberschlaraffen und andere "Reychswürdenträger", "Ehrenritter", "Erzschlaraffen" (Gründungsmitglieder) usw.

Die Ballade ist eine Gattung, die erzählende, dramatische und lyrische Elemente vermischt. Schon die Urschlaraffen haben DIE Ballade gedichtet, in der das grausige Spektakel eines Doppelmordes an ehebrecherischer Burgfrau und lüsternem Junker geschildert wird.

Als Wechselgesang werden Liedformen verwendet, in denen abwechselnd verschiedene Gruppen oder Einzelpersonen zu Wort kommen: z.B. Mann und Frau oder Solist und Gemeinde usw.

In den goldenen Zwanzigern wird der Gassenhauer öfters verwendet (Unsinnslied, Pfeiflied, Geburtagslied). Offenbar haben die Schlaraffen in der Zeit der ersten Demokratie Deutschlands viel Freude am Lied des einfachen Mannes gefunden. Seit Anbeginn hatte man ohnehin dem Volkslied nahegestanden. Nun begab man sich gern sozusagen auf die Gasse.

In der Renaissance Schlaraffias nach 1945 herrschte wieder mehr das Hymnische vor und ein gewisser feierlicher Gestus, den das neue Klangbuch in groß klingender Klavierbegleitung ausdrückte.

Die Pragmatik des Schlaraffenliedes ist durch die verschiedenen Anlässe gekennzeichnet: Eröffnung, hymnische Preisung des Aha und des Uhu usw., Geburtstagslied, Duelllied, Spippungschlusslied.

Die Tonalität ist in der Musikgeschichte der letzten 150 Jahre erheblich verändert worden. Harmonisch hat man den Raum der klassischen Kadenz verlassen. Melodien sind oftmals atonal oder wenigstens 12-tonal geworden. Die Rhythmik des Jazz und der Pop-Musik hat sich in weite Bereiche der Kunstmusik hinein ausgewirkt. Auch die Klangfarbe ist bis zur Verwendung der Bushupe und des Fahrraddynamos ausgeweitet worden.

Von all diesen Neuerungen ist Schlaraffia weitgehend verschont geblieben. Nur an den "Spurenelementen" kann man gelegentlich den Zeitstil eines Liedes aus den zwanziger oder fünfziger Jahren erkennen. War die Musik der sog. Proletarier in den Gründerjahren noch avantgardistisch (z.B. Klangmalerei, Abend-Zechlied, Ballade des humorvollen Grauens etc.), so wurde mit den Jahren aufgrund der besonders geforderten Ahnenpflege eine Musik der Restauration bevorzugt. Die Irrwege der Musik- und Literaturgeschichte sind den Schlaraffen auf diese Weise erspart geblieben.

Besondere Verbindungen ergeben sich zu Kirchen- und Studentenlied. Mit dem Kirchenlied teilt das Schlaraffenlied die Transperonalität: Jenseitsvorstellungen, Weiherituale, Totengedenken etc. Mit dem Studentenlied verbindet die Schlaraffia vor allem das Trinkzeremoniell und die Duell-Szene. Auch die Erhebung zu Junkern und Rittern entspricht den Promotionen des Novizen im studentischen Verbund (Fuchs, Teutone, Fuchsmajor etc.).

Es ist ein Kennzeichen der Künste verschiedener Verbände, dass sie an althergebrachten Konventionen festhalten. Dies ist auch weitgehend in den Liedern kirchlicher Verbände und in den studentischen Liedern des 20. Jahrhunderts zu beobachten. Darin ist die Männervereinigung Schlaraffia durchaus der Kirche und der Studentenverbindung vergleichbar.

Schlaraffias Frühling[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Ausgabe Derer Schlaraffen Lieder mit Notentext

Karl Lachmann hatte die Idee, den Beginn einer literarisch-musikalischen Bewegung metaphorisch als Minnesangs Frühling zu bezeichnen (C.v.Kraus: Des Minnesangs Frühling. Stuttgart 1944). Besonders Goethes autobiografische Erzählungen hatten das Modell dafür gegeben, die Lehrjahre von den Wanderjahren zu unterscheiden. Lange vor Freud war es bekannt: die jungen Jahre prägen den Menschen stürmisch; und später tritt eine gewisse Verfestigung ein.

In diesem Sinne kann man sich auch den Frühling des Schlaraffischen Liedgutes vorstellen. Entscheidende und damit bis ins 21. Jahrhundert kennzeichnende Stilzüge sind in den ersten 30 Jahren Schlaraffischen Singens ausgebildet worden.

Nummer 1 "Zur Eröffnung"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Lied "Zur Eröffnung" wird in den Klangbüchern der Schlaraffia als Lied Nummer 1 aufgeführt und mit dem Kommentar versehen, es sei am Gründungstag (10.10.1859) von den Urschlaraffen Allschmetten und Mager als Vokalquartett komponiert und gesungen worden. Graf Gleichen habe ein Jahr später die 3. Strophe hinzugedichtet und aus dem Gedächtnis die Klavier-Begleitung aufgeschrieben. Das Lied ist in den großen Ausgaben des Schlaraffischen Liedgutes ungekürzt erhalten.

Der Text imponiert durch die Anrede im Plural: "Lasst uns Freunde..." Im Stil des Trinkliedes (vgl. H. Linnerz: Das Trinklied in der deutschen Dichtung. Diss. Köln 1953) wird zur Gründung des Schlaraffischen Vereins aufgefordert. Strophe 3 ist gegenüber den ursprünglichen 2 Strophen stilistisch und inhaltlich abgehoben. Es wird festgestellt, dass nach Verlauf eines Jahres der Verein seine Ziele erfüllt habe: Freundschaft und Freude. Anschließend wird das Fortbestehen für die Zukunft gewünscht und ein Vivat ausgebracht.

Formal wird ein 3-taktiger Anapäst mit Kreuzreim und Refrain in 3 Strophen durchgehalten.

Musikalisch ist die Tonart D-Dur immer beibehalten worden (auch 2009, da die Intonation das kleine H nicht überschreitet). Der Allabreve-Takt suggeriert ein leichtes Schwingen - im Sinne eines geselligen Schunkelns. Die harmonische Modulation gelangt im Stil eines einfachen Volksliedes von D-Dur über die Paralleltonart h-Moll zurück nach D-Dur, und die Tempo-Bezeichnung "feierlich und frisch" erinnert an die fröhliche Stimmung, die im Gasthaus "Freund" am Gründungsabend geherrscht haben mag.

Das Lied wird von den Herausgebern "linientreu" als Nummer 1 editiert. Es ist jedoch kaum noch im Gebrauch. Gar zu eng erscheint die historische Anbindung an den Gründungstag der Hohen Praga, der in keiner aktuellen Sippung wiederholbar ist.

Urschlaraffenlied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gustave Moreaus Gemälde Ödipus und die Sphinx im Metropolitan Museum of Art, New York (1864)

Als Oedipus auf einer Wegesenge seinen Vater erschlug und danach seine Mutter heiratete, war es eine Auseindersetzung des Jungen mit dem Alten. Die Dichter haben in zweieinhalb Jahrtausenden nicht aufgehört, diesen literarischen Stoff zu bearbeiten. Von der klassischen Tragödie des Sophokles bis zu Loriots Ödipussi (1988) sind zahllose Aspekte dieses Vater-Sohn-Konfliktes entstanden.

Graf Gleichen (bürgerlicher Name: Albert Eilers) hat einen humorvollen weiteren hinzugefügt. "Als noch der Urschlaraffe sippt´/ in seiner Väter Burg": hier fragt der logisch Denkende, ob das überhaupt sein kann. Ein Urschlaraffe ist doch wohl einer, der am Anfang der Schlaraffischen Bewegung gestanden hat. Er hatte keine Burg, die seinem Vater oder Großvater gehört haben könnte.

Durch diesen Verstoß gegen die allgemeine Logik verschafft sich Gleichen die Atmosphäre des Komischen. So kann man weiterscherzen, der Urschlaraffe habe sich durchgelabt, durchgeliebt, durchgebraust. Es geht nicht um einen konstruktiven Beitrag um das Jahrtausende alte Vater-Sohn-Problem, sondern man will der Ahnen lachen und sie gleichzeitig verehren. Man tut, als ob man tapfer wäre, und schlägt gar mit der Faust auf den Tisch, um seine Tapferkeit zu demonstrieren; und gleichzeitig schmunzelt man über sich selbst, man sei nichts als ein tapferer Zecher.

Die 4 Strophen des Liedes sind in 4- bzw. 3-hebigen Jamben überkreuz gereimt und Strophe für Strophe streng aufeinander bezogen. Zuerst wird der Gebrauch von Quell (Bier) und Lethe (Wein) behandelt; es folgt die sogenannte Liebe und dann der Gesang: der Urschlaraffe labte sich durch (Strophe 1), er liebte sich durch (Strophe 2), und er brauste sich durch (Strophe 3: gemeint ist lautes Singen). Die 4. Strophe fasst zusammen: man soll alle 3 Aktivitäten genau so wie der Urschlaraffe verüben; und jedesmal ergänzt der Refrain: man soll alle 3 Tätigkeiten tapfer und die ganze Nacht hindurch verrichten.

Dies ist eine besonders charmante und friedfertige Methode, den Vater Lajos zu erschlagen: man lacht sich selbst aus, indem man so tut, als ob man handelte wie der Vater. Humor ist die Methode der Ablösung vom Alten. Das Kind emanzipiert sich tapfer und mit Faustschlägen; und zwar durch Lachen - eine neue Bearbeitung des alten Ödipus-Stoffes.

Die Vorstellung, man könne den Wandel der Geschichte aufhalten, wenn man - dem Wortlaut des Liedes folgend - einfach alles genau so tut wie die Alten, ist illusionär und bedarf des Lächelns. Was einst modern war wie z.B. studentisches Singen, Saufen, Lieben -, ist nach wenigstens 100 Jahren altmodisch, bzw. als guter alter Brauch beliebt.

Der Begriff des Sich Durchliebens zeigt die Entwicklung des Urschlaraffen-Liedes besonders markant an. Das Ehebruchsrecht des 19. Jahrhunderts ist durch den Fall der Effi Briest in Fontanes Roman von 1890/4 belegt. Strafbar war Ehebruch in Deutschland bis 1969 (Schweiz 1989 und Österreich 1996). Als absoluter Scheidungsgrund wurde Ehebruch seit 1976 in Deutschland nicht mehr akzeptiert. An die Stelle der Ehebruchsscheidung trat die Zerrüttung der Familie. Man musste seither nachweisen, dass ein Schlaraffe infolge fortgeschrittenen Sich Durchliebens die Ehe zerrüttet hatte.

Diese rechtsgeschichtlichen Befunde besagen für Strophe 2 des Urschlaraffenliedes Folgendes:

1) 1865 machte der Schlaraffe sich zwar strafbar, wenn er sich durchliebte, aber er wurde nicht verfolgt - lediglich (falls verheiratet)die betreffende Dame. Man konnte also ungeniert mit amourösen Errungenschaften prahlen. Allerdings riskierte man sein Leben, falls man zum Duell gefordert würde. So erklärt es sich, dass 3 der 24 Urschlaraffen (13%) amouröse Beinahmen tragen: "Gleichen" - also einer, der 2 Frauen gleichmaßen liebte - ; "Carl II, der Frauenprüfer" - also ein Theaterdirektor, der die Schauspielerinnen erst nach einer gewissen Art von Prüfung einstellte - ; und "Chevallier d´amour" ein erklärter Ritter der sog. Liebe.

2) Ab 1920 galt die Burgfrau als gleichberechtigt (demokratisches Grundgesetz). Folglich war sexuelle Prahlerei nur noch hinter vorgehaltener Hand in Männerkreisen zulässig.

3) Ab 1969 (bzw. 1989 in der Schweiz und 1996 in Österreich) durfte man mit einmaligen Entgleisungen aufwarten, ohne bestraft zu werden.

4) Ab 1976 durfte die Ehefrau nicht mehr den Schlaraffischen Ehemann verlassen, nur weil er sich durchgeliebt hatte.

Fazit: Ab 1920 mussten Schlaraffen behaupten, sie würden Strophe 2 zwar singen, um ihre Urschlaraffen zu ehren; aber genau so wie die Alten würden sie selbst es nicht mehr treiben. Nur lächelnd und in Gedanken bestätigt man die Kavaliersdelikte des Gleichen oder des Frauenprüfers von 1859.

Gleichen schreibt dem Sänger vor, er solle gar commod, jedoch granitblöckig singen. Man verulkt sich selbst, indem man sich als tapfer geriert und dazu mit der Faust auf den Tisch schlägt.

Wie aber steht es mit derer Schlaraffen Ödipus-Komplex? Wie pflegt der Schlaraffe das Andenken des Urschlaraffen? Gibt das Lied bzw. die Tradition dieses Liedes weitere Hinweise auf die Frage nach der Tradition des Schlaraffen?


Zunächst waren die Urschlaraffen noch am Leben; lediglich waren einige umgezogen nach Berlin, Leipzig, Graz oder Breslau. Man gründete "Tochterreyche" und verpflichtete die Neuen zur Imitation der Hohen Praga.

Dann spaltete der Krieg 1866/71 das Österreichisch-Ungarisch-Tschechische Sprachgebiet vom Kleindeutschen Reich Bismarcks. Man sang von Fallerslebens Lied und meinte Prag und Wien nicht, wenn man Deutschland über alles liebte.

Im 1. Weltkrieg war man zwar wieder Seit´ an Seite mit dem Österreicher, aber man sippte fern der Heimat in irgendeinem Feldlager: ein Grund für telepathische Verbindung mit den Urschlaraffen.

Die Schlaraffen der Weimarer Republik liebten den Gassenhauer als Ausdruck eines neuen demokratischen Bewusstseins. War man doch einst als Proletarier aufgetreten! Man verehrte den Unsinn als Methode des Humors und freute sich am Paradox eines Urschlaraffen in seiner Väter Burg.

Vor Eintritt in die Uhufinsternis wurden Urschlaraffen jüdischer Abstammung vom Vorbild ausgeschlossen. Auch mochte man sich nicht mehr recht der Allmutter Praga unterordnen. Wer wollte es den Schlaraffen verübeln, dass sie versuchten zu überleben!

Mit der Renaissance Schlaraffias war die Hohe Praga zum Symbol stilisiert. Es gab sie nicht mehr tatsächlich, aber um so herzlicher symbolisch.

Mehr und mehr öffnete sich ein tiefer Graben zwischen zeitgenössischer Musik und Literatur einerseits und der Schlaraffischen Kunstpflege andererseits. Geradezu protesthaft hielt man an Reim und alterierendem Versmaß fest und sang unvermindert nach der klassisch-romantischen Harmonik und Melodik. Ein bisschen pointierter Rythmus floss gelegentlich ein; aber kaum mehr, als man schon aus Milwauki um 1900 importiert hatte (Aufmunterung). Der Klavierpart wurde großräumig, um nicht zu sagen pompös. Man fing an zu schreien, anstatt zu singen. Das alte Liedgut wurde neu aufgelegt, aber nur unwesentlich vermehrt.

Das neue Jahrtausend brachte entscheidende Wendungen. In vielen "Reychen" hatten sich neue Lieder etabliert. Auch wurden viele Lieder um eine Terz herunter-transponiert, so dass man nicht mehr brüllen musste, um die Spitzentöne der Melodie zu erreichen. Schließlich wurde der Klavierpart schlichter und der Pomp der 50er Gesänge reformiert.

Das Urschlaraffenlied ist auch parodiert worden. Rt. Soliman Solis von Salami aus dem HR. Nova Yorkia-Praga hat schon im Klangbuch von 1890 Nr. 246 "Das Lied von den Urprofanen" veröffentlicht. Nach Gleichens Melodie wird beschrieben, wie der Profane nach jedem Suff einen Kather bekommt. Darum habe sich der Schlaraffe in seine Burg zurückgezogen. Hier sei er für den Kather unerreichbar: "nachts sowohl als bei Tag".

Aber am Schluss all dieser Überlegungen zum Urschlaraffenlied ist zu konstatieren: Der soziale Kontext dieses Liedes ist erheblich verändert. Mit humorvoller Geste singt der Männerverein den völlig überholten Text und verehrt damit das Vorbild der Gründungsmitglieder aus dem Jahre 1859.

Abendlied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Caspar David Friedrich: Zwei Männer in Betrachtung des Mondes. 1819/20

Die hereinbrechende Nacht war Jahrhunderte lang eine Situation der Beängstigung bzw. der Besinnung auf transzendente Wesen. "Der Mond ist aufgegangen" (Claudius) oder "Abend wird es wieder" (Hoffmann von Fallersleben) klingen im Ohr. Natürlich Goethes "Füllest wieder Busch und Tal/ still mit Nebelglanz". Oder "Gelassen stieg die Nacht ans Land" (Mörike).

Die Musik der Romantik ist voll von Nocturnes - allen voran 21 Nocturnes von Chopin. Der Angst vor der Dunkelheit, die den Menschen seit Jahrmillionen bewegte, ist die Träumerei und das Erlebnis vom Wachsein befreiter Seelen gefolgt.

In dieser Tradition steht auch das Schlaraffische Abendlied. Man bittet nicht um ruhiges Schlafen für sich selbst und für den kranken Nachbarn, sondern man ruft zur Sippung auf: "Schon wieder ist der Abend da./ Die Sippung kann geschehen." Ursprünglich hieß es: "Die Arbeit kann geschehen." Der Bedeutungswandel des Wortes "Arbeit" hat seit 1950 eine Änderung provoziert, die aber kaum von einem der heute auswendig singenden Schlaraffen nachvollzogen wird. Man bevorzugt das Althergebrachte und vermeidet Neuerungen, soweit als möglich.

Die Schöpfer des Liedes, Rt. Plato (2 bzw. 1) und Adonis (2), haben einen Abend bewegterer Art vor sich als Mörike oder Claudius.

"Oh Nacht, ich nahm schon Cocain,/ und Blutverteilung ist im Gange." So wird es 60 Jahre später Gottfried Benn ansprechen. Peter Rühmkorf parodiert das stille Mondlied vergangener Jahrhunderte, indem er schreibt: "Der Mond ist aufgegangen./ Ich, zwischen Hoff und Hangen,/ rühr an den Himmel nicht." Dieter Höss treibt es 1967 auf die Spitze, wenn er den Astronauten singen lässt: "Der Mond ist eingefangen,/ von Sonden schon begangen,/ von Fotos wohlvertraut."

Wir überblicken eine Zeitspanne von 150 Jahren, in denen Schlaraffen ihr Lied zum Abend gesungen haben; und man erkennt den durchaus neuartigen Ansatz in der Stunde der Gründung. Man sieht, wie die Literaturgeschichte sich weiter entwickelt hat. Schlaraffia jedoch verharrt auf dem Ansatz der Väter. Betriebsamkeit bei Nacht war neu im Jahre 1859, aber heute ist jede Nacht taghell. Der Reiz des Neuen, wie er sich einst darbot, ist einem nostalgischen Nachtjubel gewichen.

Schlaraffen-Ballade[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ballade gilt seit 1821 (Goethes Schrift über Kunst und Altertum) als Ur-Ei der Dichtkunst. Alle 3 Naturformen der Literatur seien in ihr vereinigt und hätten sich im Laufe der Jahrtausende zu den einzelnen Genres ausdifferenziert. Lyrisch ist vor allem der häufig verwendete Refrain. Episch sind die Erzählungen und dramatisch die wörtlichen Reden (vgl. H.Laufhütte: Die deutsche Kunstballade. 1983 ff).

So haben auch die Rtt. Kunzinger und Harmonicus im HR Bruna (7, Braunschweig), begründet 1878, die 3 Urformen der Dichtlkunst in ihrer Ballade vereint. Bereits 1883 - also in der Textsammlung "Liederkranz" - ist die Ballade enthalten. Sie muss demnach zwischen 1878 und 1883 entstanden sein.

Eine Parodie dieses frühen Textes liegt in der antikrystallinen Version des Rt. Senno (70) vor. Da das HR Berna 1884 begründet wurde und die Ballade II im Klangbuch von 1890 erstmalig gedruckt vorliegt, muss diese Parodie zwischen 1884 und 1890 entstanden sein. Sie reduziert das Geschehen eines grauenvollen Eifersuchtsmordes auf eine Gespenster-Vision und wirkt dadurch etwas bieder-abgemildert: sozusagen für den kleinbürgerlichen Epigonen, der die literarische Greueltat mit seiner Moral nicht vereinbaren kann.


Als Klavierlied schließt sich dieses Lied an die romantische Tradition der musikalischen Balladen an. Vor allem Franz Schubert, Robert Schumann, Edward Grieg und Carl Loewe sind als die großen Vorbilder dieser romantischen Balladen-Tradition zu nennen, auf deren Gipfelpunkt wohl Chopins Klavier-Balladen stehen.

Die trochäischen Verspaare (erst 4-hebig und dann 3-hebig) sind überkreuz gereimt. Nach Wiederholung dieses Kreuzreim-Schemas wird die letzte Zeile des Aufgesanges zweifach wiederholt (nicht die finstre Nacht), um schließlich durch ein jubelndes, vierfaches Tralala abgerundet zu werden. Dieser Aufbau wird in 5 Strophen durchgehalten, bis die grauenvolle Geschichte eines Eifersuchtsmordes durch den Burgherren an seiner Burgfrau und einem liebestollen Junker zuende erzählt ist. Sie schließt damit, dass die im Burggraben ertrunkenen Liebenden Nacht für Nacht dem berauschten Rt. die Ohren volljaulen.

Die Berner Parodie stellt den Erzählinhalt als schizoide Einbildung des Protagonisten dar: der Rt. hört eingebildete Stimmen und gelangt zu der beruhigenden Einsicht, dass alles nur auf Wahrnehmungstäuschung beruhe. Man erlebt den Schlaraffischen Bürger als berauschten Träumer - nicht als jähzornigen Mörder.

Seit Goethe und Schiller in Weimar Balladen dichteten, ist ein Jahrhundert vergangen. Heinrich Heine hatte die Ballade der Gruseltaten entwickelt ("Belsazar"). Die ersten Schlaraffen hatten noch den Anschluss an diese humorvolle Gruselballade im Sinn. Aber jetzt kam der Bürger - um nicht zu sagen: Spießbürger - der 1900-Wende mit seiner kleinen Moral nicht mehr mit; er musste eine Schlummerphantasie aus dem Balladen-Geschehen machen. Die Ballade wurde zum Ballädchen.

Musikalisch ist das Lied original in A-Dur komponiert. Da jedoch die Singstimme in A-Dur etwas zu hoch intonieren muss, hat schon das Klangbuch von 1950 eine Transposition nach F-Dur vorgenommen. In der Ausgabe von 2009 wird das Lied zweimal aufgeführt: erstens in B-Dur für hohe Stimme und zweitens in F-Dur für tiefe Stimme. Der Aufbau des Liedes legt einen Wechsel von Sologesang und Gruppen-Replik nahe. Darum ist in der Ausgabe von 2009 das Tralala der gesamten Sassenschaft zugewiesen, während der Erzählteil dem Solisten vorbehalten bleibt.

Stilistisch ist die Ballade als Paradebeispiel Schlaraffischen Humors zu betrachten. In grauenvoll überspitzter Weise wird die Eifersucht des Ritters dargelegt und durch Wiederholung des letzten Erzählverses jeder Strophe ins Lächerliche gezogen. Das höhnische Tralala der Gemeinde trägt zusätzlich zum Gelächter über eine vorgestellte Mordtat bei. So erhebt sich der Schlaraffische Künstler scheinbar über das Gebot der Freundschaft, um humorvoll auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren: denn er ist berauscht.

Der Klaviersatz ist durch sog. Arpeggien charakterisiert. Imponierende Vierklänge werden im Stil einer Harfe als gebrochene Akkorde vorgetragen. Die romantischen Klavierkomponisten (allen voran Chopin) nutzten dieses Stilmittel, um bestimmten Melodietönen Emphase zu verleihen. Durch dauernd wiederholte Emphase wird das großspurige Auftreten des Ritters der Lächerlichkeit preisgegeben.

Rt. Prima vista der Herausgeber des Klavierbuches von 1950 verleiht dem Arpeggio durch Übertreibung eine Art pompöser Festlichkeit, durch die die ursprüngliche Anspielung auf zarte Harfenklänge des Bänkelgesanges fast verdeckt wird.

Rt. Tonio hingegen führt die Arpeggien - und damit in Verbindung den Gesang insgesamt - in seine ursprüngliche Schlichtheit zurück, die den musizierenden Schlaraffen mehr zum lauschenden Hineinhören in die ritterliche Vergangenheit, denn zum grölenden Posieren anleitet. Der soldatische Tumult einer gewissen tausendjährigen Zeit scheint überwunden.

Auch die Berner Parodie verfehlt den Effekt humorvoller Würdigung eines Freundschafts-Verstoßes nicht. Lediglich wird die Ebene des Fiktionalen noch etwas stärker hervorgekehrt. Der Schlaraffe kann dadurch hinter seinem Spiegel noch beruhigter den eigenen Rausch belächeln.

Abschied und Sippungsschluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dietmar von Aist (Codex Manesse), Blatt 64r: Die Miniatur, die keinen Bezug zu Dietmars Werk nimmt, deutet auf ihn als einen Fahrenden hin.

Die Literaturgeschichte ist voller Abschiedslieder. Am gültigsten hat es vielleicht gleich das erste große Abschiedslied formuliert: Du nimmst meine Freude mit dir! (Dietmar von Eist 1170). Ob bei Kloppstock, Goethe, Eichendorff oder Möricke: der Grundtenor ist in dieser Weise traurig. Auch das 20. Jahrhundert hat daran nichts geändert (z.B. Trakls "Verfall" , Benns "Abschied" oder Bachmanns "Dunkles zu sagen)". Wunderbare Lieder! Aber voller Traurigkeit.

Der Abschied der Schlaraffen ist kein Trauerereignis. Die Freundesseele kennt den traurigen Abschied nicht. Man teilt die Zuversicht, dass man sich gegenseitig sehr bald (selbst in Ahalla) wiedersehen werde: die Seele kennt keinen Verlust durch Trennung.

Graf Kurella (3) hat zunächst ein Abschiedslied zur Melodie des Volksliedes "Es ritten drei Ritter" verfasst (Nr. 67 im Klangbuch von 1890). Bei aller Fröhlichkeit der Melodie kommt Kurella doch zu dem Resultat: "Scheiden und Meiden tut weh". Und wo du auch hingehst: unsere Liebe geht mit dir.

Graf Kurella hat etwa in gleicher Zeit (also vor 1890) auch das Sippungsschlusslied geschaffen (Melodie von Rt. Renz). Es thematisiert das jubelnde Auseinandergehen mit schmetternder Fanfare und Händereichen. "Zwar Scheiden, ihr Brüder, bringt Sorgen und Leid./ Doch winkt uns des Wiedersehn´s herrliche Freud". Schließlich heißt es: "Scheidet, ihr Brüder, mit lautem Lulu!"

Die Szene des jubelnden Abschieds muss so viel Begeisterung ausgelöst haben, dass der Komponist des Sippungsschlussliedes noch ein zweites Lied dieser Art in Zusammenarbeit mit Rt. Friedrich von der Sulzfluh geschaffen hat. Nach zeremoniellem Händedruck werden sogar noch einmal die Waffen ergriffen, um immer wieder laut singend zu jubeln.

Resultat aller Schlaraffischen Abschiedsgesänge ist die Gewissheit, dass die Freundesseelen nichts wirklich trennen kann: Die Seelen bleiben auf immer miteinander verbunden. Diese Gewissheit teilt Schlaraffia mit den großen Religionen dieser Welt. Darum muss man sich nicht einer speziellen Glaubensrichtung zugehörig erklären. Es genügt, wenn man die transpersonalen Konzepte der Schlaraffia teilt (vgl. Herrmann, Wolfgang: Die Transpersonalität Schlaraffias. Wikipedia-Buch 2011).

Schlaraffias Festigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klangbuch von 1890

Nach den Lehrjahren kommen laut Goethe die Wanderjahre. Auch die Schlaraffia ist gewandert: von Prag nach Berlin, Leipzig, Österreich, Tschechien, Schweiz, US-Amerika, Südamerika - bis hin nach Ostasien und Australien. Dies geschah in den Jahren um 1900: den Wanderjahren der Schlaraffia.

Das Liedgut, das einst eigenwillig und wenig publiziert war, wurde jetzt gedruckt und in aller Welt (Uhuversum) verteilt. Auch wurden zahlreiche Lieder dem alten Schatz von 110 Texten (Melodien unveröffentlicht) hinzugefügt.

Die Wanderjahre des Schlaraffischen Liedgutes sind Jahre der inneren Festigung und zugleich Jahre, in denen das einst avantgardistische Stilkennzeichen einer "sippenden" Männervereinigung zu einem eher restaurativen Liedarsenal mutierte, das in aller Welt gesungen wurde, aber nicht mit der Entwicklung der Künste - besonders Literatur und Musik - mithielt. Man verpflichtete sich zur Pflege der Ahnen und übersah den Wechsel der Zeiten.

Dennoch entstanden zahlreiche Lieder, die heute noch gesungen werden. Als Beispiel können die Lieder gelten, die den neuen Österreichischen Gruß "Heil dir" enthalten.

Heil dir, Schlaraffia![Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das mittelhochdeutsche Adjektiv " heil" ist im Neuhochdeutschen weitgehend durch "ganz" zurückgedrängt worden (z.B. engl. "whole"). Wer gesundheitlich vollständig war, wurde als heil bezeichnet (heute nur noch für unbelebte Gegenstände gebräuchlich). Das Substantiv "Heil" liefert eine weitere Adjektiv-Ableitung, die das perfekt Ganze spiritualisiert: das Heilige.

Aus dem Österreichischen des späten 19. Jahrhunderts muss Rt. Tannhäuser (119, Cincinnatia) die Grußformel übernommen haben, die der Entwicklung des Schlaraffischen Liedgutes eine ganz besondere Wendung geben sollte. Zwar wurde das Lied vom Ideal dem Cincinnati-Rt. zugeordnet. Jedoch erscheint es schon 1890 - also 3 Jahre vor der Sanktionierung der Hohen Cincinnatia - als Nummer 263 im zweiten Band "Derer Schlaraffen Lieder". Die damals moderne Grußformel muss geradezu progressiv geklungen haben, als sie von den Schlaraffen wieder und wieder verwendet wurde (z.B. Nummer 4 "Heil dir, Schlaraffenhall!", Nummer 180 "Heil der lang ersehnten Stunde", Nummer 227, 63, 215 und 100). Ein geradezu moderner Verein war diese Schlaraffia 1890, als man aus Lipsia, Berolina, Praga und Cincinnatia sich gegenseitig Intaktheit, Gesundheit und ein vom Totem Uhu beschütztes Leben wünschte.

Erst 40 Jahre später, also in den frühen Dreißigern, sollte die Grußformel eine tragische Wende nehmen, als sie mit den Segenswünschen für Hitler bis ans Ende des Zweiten Weltkrieges Verwendung fand und mit der Entnazifizierung ab 1945 geradezu verboten erschien (§ 130 StGB "Volksverhetzung" vgl. Tilmann Allert: Der Deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste. Eichborn, Berlin 2005, Ditzingen 2010).

Doch dieser restaurative Männerverein Schlaraffia ließ sich die deutsche Sprache nicht verbieten. "Heil dir, Schlaraffia! Sei gepriesen!" heißt es in Nummer 18 durch Rt. Stolze im Klangbuch von 1950, "Heil Gleichen, Heil unserem Gründer" (Nummer 14) und nach wie vor "Heil Praga dir" (Nummer 12); last but not least im Lied vom Ideal (Nummer 10) aus voller Kehle: "Heil dir Schlaraffia."

Der wiedergeborene Schlaraffe ließ sich die gute - wenngleich inzwischen alt gewordene - Grußformel nicht verbieten. Selbst 2009 werden das Lied vom Ideal (Nummer 11) und Heil Praga (Nummer 13) unbehindert gesungen. Diese alten Herren mit ihrem Schwur, das Andenken der Väter zu bewahren, sind eben nicht klein zu kriegen - auch nicht von falscher Tabuisierung des Grußes durch die Besatzungsmächte. Immerhin propagierte man die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung! Darum ließ sich die Sprache der Deutschen nicht verbieten. Schlaraffia erklärte, unpolitisch zu sein, und bewahrte sich dadurch die inzwischen anstößig gewordene Grußformel. Es scheint geradezu ein Markenzeichen dieser Männervereinigung zu sein, dass man auch noch 100 Jahre nach Aufkommen der Österreichischen Grußformel (sozusagen proletarisch) "Heil Praga" und "Heil Schlaraffia" singt.

Mehr und mehr tritt eine Tendenz zur Restauration hervor: die Bewahrung des Reimverses und der klassischen Tonalität, die Bewahrung des Ahalla-Glaubens und der Beeinflussung durch jenseitige Kräfte (Aha, Uhu, Oho) und schließlich die stolze Bewahrung einer Grußformel, die außerhalb des Vereins durchaus anstößig geworden ist.

Aufmunterung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Agitatorische Dichtung (H. Kaiser: Politische Lyrik. Text und Kritik 9/1984) verstößt gegen eines der Grundprinzipien jedweder Kunst: das interesselose Wohlgefallen (Kant: Kritik der Urteilskraft. 1790). Aber so ist es nun einmal mit den Künstlern aller Zeiten: sie scheren sich nicht um Kant, sondern sie dichten, komponieren, malen.

Schon Walther von der Vogelweide hatte Sprüche gesungen, die eindeutig agitatorisch waren: "Philippe setze den weisen uf!" (König Philip von Schwaben sollte die Kaiserkrone aufsetzen ; 1198). Ihm folgten die Dichter des sog. Jungen Deutschland: Gutzkow, Freiligrath, Heine, Büchner. Sie alle nutzten Dichtung, um politische Ziele zu verfolgen (Brecht, Böll und Grass sind spätere Meister agitatorischer Dichtung.)

Rt. Schnapp nach´m Bettzipfel (60) war Sasse der 1884 begründeten Milwaukia und ist seit 1912 in den Stammrollen verzeichnet. Sein Lied Aufmunterung dürfte also im 2. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entstanden sein. Er macht keinen Hehl aus seiner agitatorischen Absicht. Aber als Schlaraffe will er natürlich nicht zu einer weltpolitischen Alternative überreden; sondern zur Schlaraffrischen Waffenschmiede für Kunst und Humor.

4- und 3-hebige Trochäen werden in komplexem Reimschema zu 4 Strophen verbunden. Die ersten 3 Strophen benennen Details der Schlaraffischen Aufrüstung für Kunst und Humor. In der 4. Strophe gedenkt Rt. Schnapp der Freunde, die im Krieg (1914-18) gefallen sind. Wir sollen nicht mehr trauern, sondern: "Bleibt beim Schaffen,/ seid Schlaraffen,/ freut euch mehr denn je!" So klingt es über den Ozean politisch-agitatorisch, aber ohne Einmischung in die Tagespolitik:" Bis zum letzten Atemzug./ Ehe Ehe!"

Musikalisch ist der nordamerikanische Rhythmus zu beachten. Die Mittelstimmen verhalten sich durchgehend synkopisch. Wie ein Gitarrist, der ständig auf die unbetonte Taktzahl einen Schlag verübt, spielt das Klavier auf eins-und, zwei-und, drei-und und vier-und einen synkopischen Klang, der eine Erinnerung an Swing-Dance aufkommen lässt.

Das Lied von 1919 geht mit der Zeit, indem es synkopisch tanzt. Nie wieder haben sich Schlaraffische Komponisten weiter über das romantische Volkslied hinausgewagt.

Rt. Vollblut (208) ist ein Spross der 1920 sanktionierten Babenbergia (Bamberg). Er wird seit 1930/31 in den Stammrollen verzeichnet und hat ein Europäisches Pendent zur Milwaukia-Aufmunterung verfasst: "Auf Brüder, singt aus voller Kehle!" Wie sein amerikanischer Kollege verhält er sich agitatorisch: "Singt aus voller Kehle" (Strophe 1), "Jubelt alle Male" (Strophe 2)," lasst die Quellen fließen" (Strophe 3) und "hebet die Pokale" (Strophe 4). Zwischendurch wird in allen 4 Strophen darauf hingewiesen, dass sich mächtig der Uhu freue; und schließlich wird das Thema des Strophen-Beginns wiederholt: Drum Brüder, singt, jubelt, lasst die Quellen fließen, und hebet die Pokale.

Die musikalische Rhythmik ist Europäisch punktiert - nicht aber synkopisch. Es ist, als hätte ein Bambergischer Spätromantiker auf den Swing der Milwaukia geantwortet.

Wie aber hört sich die Aufmunterung 1880 an? Rt. Handfest (24 Vindobona) und Rt. Mager (1) haben sich vermutlich bald nach Reychsgründung der Vindobona (1880) zusammengefunden, um die Aufmunterung "Zum Sippungsbeginn", wie sie schon am 10.10.1859 vorgetragen worden war, zu aktualisieren. Statt historischer Gründung, wie sie Allschmetten und Mager 1859 vorgeschlagen hatten, wird jetzt nur zum frohen Beginn einer Sippung aufgefordert. Aber schließlich endet das neue Lied mit dem Gelöbnis, stets aufs Neue Allschlaraffia zu schützen bis zum Tode: Treu um Treu.

Hier schließt sich der Kreis. Agitatorisch ist das Schlaraffenlied vom Anfang an. Ob die Freunde zur Gründung in Prag aufgefordert werden; ob der Schutz Schlaraffias bis zum Tode Treu um Treu verlangt wird; ob man US-Amerikanisch swingt oder Bambergisch hüpft: die Agitation ist innerschlaraffisch und damit natürlich auch politisch: Man verzichtet auf Partei- und Religionspolitik; aber man spiegelt sich als Schlaraffe.

Die Zwanziger Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frank Duveneck: Pfeinder Junge 1872

Schlaraffia steht in voller Blüte. Die Ausbreitung in Mitteleuropa geht voran, und weltweit ist ein Reych nach dem anderen hinzugekommen. Jetzt ist Deutschland demokratisch geworden, und die Künstler in Musik und Literatur - übrigens auch die Maler und Bildhauer - sind in der Welt durchaus erfolgreich.

Das Klangbuch der 1890er Jahre ist nach wie vor im Gebrauch, aber es gibt neue Lieder, die sich durchaus überregional durchsetzen. Gassenhauer, Kabarett, rhythmisch neue Tanzmusik nehmen Einfluss auf das Schlaraffische Liedgut. Humor ist ein Stilzug der zeitgenössischen Literatur geworden. Wilhelm Busch, Eugen Roth, Christian Morgenstern und last but not least Erich Kästner sind Autoren, die auf den Humor im Schlaraffischen Liedgut eingewirkt haben.

1927 wird die Gruppe der "Commedian Harmonists" begründet. Schlaraffia hat an dieser Entwicklung humorvollen Singens und Dichtens teilgenommen.

Pfeiflied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pappageno ist der Vogelfänger in Mozarts Oper "Die Zauberflöte" (KV620). Selbstverständlich pfiff dieser Mann aus dem Volke nicht mittels seiner Lippen, sondern man benutzte eine Piccoloflöte, um das Pfeifen salonfähig zu machen. Erst die Musik der 1920er Jahre brachte nach längst vergessener Tradition des Kunstpfeifens im 15./16. Jahrhundert wieder pfeifende Schauspieler auf die Bühne (z.B. "Kannst du pfeifen, Johanna?": Comedian Harmonists).

Auch das Schlaraffische Pfeiflied des Rt. Strichl (84, Herbipolis) gehört in diese Tradition. Das Lied findet sich noch nicht im Klangbuch von 1890. Erst 1933 erscheint das Pfeiflied als Nummer 51 in Es-Dur. Es wurde 2009 als Nummer 10 fast notengetreu übernommen. Da Rt. Strichl in den Stammrollen von 1925/26 bereits als Erbwürdenträger im Ruhestand aufgeführt wird, dürfte sein Lied nicht später als Mitte der zwanziger Jahre entstanden sein.

Ein kurzes Klaviervorspiel imitiert den Refrain, der später gepfiffen wird. Dann folgen 3-hebige Trochäen im Kreuzreim. Die Kürze der Zeilen unterstreicht den frechen Ton der Gasse. Es wird zunächst geschildert, wie der Schlaraffe mit einem Freund zusammen zur Sippung geht und dabei Pfeifsignale als Schlaraffische Erkennungszeichen einsetzt. Es folgt der Refrain, bestehend aus zwei gepfiffenen Dreiklängen und dem Text: "Klingt´s durch die Gassen hell". Dann nochmals die gepfiffenen Dreiklänge und:" Antwortet´s froh und hell."

In zwei weiteren Strophen wird darauf hingewiesen, dass diese Pfeifsignale im gesamten Uhuversum verstanden werden und als Vermittlung von Frohsinn fungieren. Den Abschluss bilden jedesmal die gepfiffenen Dreiklänge und: "Klingt´s durch die Gassen hell."

Der 2/4-Takt wird als schmissig und belebt empfunden. Die Tonart Es-Dur ist in allen Ausgaben beibehalten. Die Zeit der Weimarer Republik klingt aus dem Lied hinüber ins neue Jahrtausend; und Schlaraffia hat seither seine Erkennungsmelodie: frech von der Gasse, aber durchaus kunstvoll.

Unsinnslied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Definitionen ex negativo sind eine Methodik der Argumentationslogik, seit Plato die Sophisten belehrte (Harald Wohlrapp: Der Begriff des Arguments. Über die Beziehungen zwischen Wissen, Forschen, Glaube, Subjektivität und Vernunft. Würzburg: Königshausen u. Neumann, 2008). Logisch überflüssig, dienen sie der Didaktik.

Dass beispielsweise der Uhu kein Murmeltier sei, ist den meisten Mitteleuropäern über 20 geläufig. Die Behauptung erscheint vordergründig überflüssig. Sie ergibt erst auf tieferer Ebene einen Sinn.

Rt. Poesirius (5= Wratislavia) hat sein Unsinnslied mit Sicherheit nicht vor seiner Geburt komponiert (1870?). Gedruckt liegt es erst seit 1950 vor. Da das HR Wratislavia 1937 erloschen ist, müssen Text und Musik in den goldenen Zwanzigern oder anfang der Dreißiger entstanden sein. Denn es gibt keinen Grund für die Annahme, Rt. Poesirius hätte im Knabenalter solche Texte gedichtet.

Vielmehr steckt hinter einer Definitio ex negativo eine pädagogische Manipulation. Murmeltiere sind Nager der Bergwelt, die bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr in ihre Erdhöhlen flüchten. Und genau das soll der erste Satz des Liedes programmatisch andeuten. Schlaraffia kriecht nicht ins Loch, wenn ein paar aufgebrachte Politiker bedrohlich werden. Aber Schlaraffia flüchtet ins Reych des künstlerischen Unsinns. Sie lächelt und glaubt ans - zumindest höhere - Überleben.

Auch dass der Styx kein Teegebäck sei, wird nach dem Prinzip der Unsinnspoesie gedeutet: etwas erscheint vordergründig unsinnig und erweist sich als durchaus tiefsinnig. Poesirius legt Wert auf die Tatsache, dass Styx Zweck hat. ("Denn wäre er ein Stück davon, so hätt er keinen Zweck.")

Für die Zeitgeschichte ist wohl besonders bemerkenswert, dass das Tamtam kein Telefon ist, "obwohl man darauf haut". Die Anspielung richtet sich vermutlich auf zeitgenössische Besserwisser, die in einem neuen Deutschland keine Geheimbünde mehr duldeten. (Auch heute ist der Tamtam der Schlaraffen noch ein Grund für viele Zeitgenossen, darauf zu hauen.)

Weitere Thesen besagen,

- dass ein Aha niemals ehelich sei, - dass ein Pilger kein Bräutigam sei, - dass Ehe nie ein Gebrumm des Zottelbärs sei, - und dass Lulu kein Bedürfniswort wie ´wollen´ oder ´mögen´ sei.

Fazit: "Die Welt, die ist ein Narrenhaus." Und damit bezieht sich Poesirius sicher sowohl auf die Zeitgenossen und auf Sebastian Brants "Narrenschiff". Die tiefere Einsicht des Autors besagt, dass wir im Trüben fischen: nur wer darüber lächeln kann, kommt der Wahrheit vielleicht ein wenig nahe.

Stilistisch werden Zeilenpaare 4-hebiger und 3-hebiger Jamben im Kreuzreim aneinandergehängt. Jambus heißt ´hinkend´, und so hinkt das Lied von einem Ex-Negativo zum nächsten, bis die Erkenntnis des Narrenschiffs erreicht wird.

Das literarische Genre des Gassenhauers (vgl. K. Gudewill: Der Gassenhauer. In: MGG 4, 1955) dient als Vehikel einer sowohl zeitgemäßen als auch zeitlosen Erkenntnis: die Welt ist ein Narrenschiff; und wir retten uns mit Unsinnspoesie (vgl. Klaus P. Dencker: Deutsche Unsinnspoesie. Stuttgart 1995).

Musikalisch ist der schmissige Stil des Gassenhauers bestimmend. Darum hat Rt. Prima vista es auch neben das heute bekanntere Pfeiflied aus etwa gleicher Zeit gestellt. In fröhlichen Dur-Klängen wird der Gassenhauer zum Genre einer Zeit, in der - das Messer am Hals - lustig gepfiffen und unsinnspoetisch gescherzt wird: vor dem Sterben ist Humor das beste Mittel.

Rolandlied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rolandsstatue auf dem Marktplatz

Der altfranzösische Chanson de Roland (ca. 1100) ist Nationalepos der Franzosen. Im deutschen Sprachraum hat ein Kleriker aus Regensburg das sog. Rolandslied verfasst (ca. 1170). Es wird erzählt, dass Karl, der Große, im Kampf gegen die Islamischen Sarazenen einen Anführer der Nachhut namens Hruolandus hatte. Er soll sehr mutig und wenig kompromissbereit gewesen sein. Ein Blutsverwandter soll mit dem Feind konspiriert und Roland in einen Hinterhalt gelockt haben. Roland fiel in erbittertem Kampf und gilt seither als Inbegriff des tapferen Ritters in aussichtsloser Situation. Im Laufe der Zeiten hat sich Roland auch als Schutzpatron der Städte etabliert. Daher die vielen Rolandstatuen in Bremen, Magdeburg, Riga, Halberstadt etc.)

Die Rtt. Gitarro und Mons (225, Confluentia) haben ein Rolandslied des 20. Jahrhunderts verfasst. Inzwischen hatten sich die Schlaraffen des Namens Roland bemächtigt, um ihre besondere Tapferkeit beim Sippen humorvoll hervorzuheben. Nichts ist mehr übrig vom Kampf gegen böse Andersgläubige.

8 dreihebige Jambus-Verse werden - überkreuz gereimt - zu 4 Strophen verbunden, indem zunächst die Verbreitung dieser Rolandsritter über den Erdball geschildert wird. Strophe 2 und 3 beschreiben den prunkvollen Schmuck und die Art und Weise Schlaraffischen Zusammenlebens; und schließlich wird darauf hingewiesen, dass man die hohen Ziele der Freundschaft, der Kunst und des Humors verfolgt. Ein wuchtiger Refrain beteuert 4 mal "Wir sind die Ritter von der Rolandnadel". Auf ´Nadel´ reimt sich ´Deutscher Adel´, und schließlich werden die Hinweise auf deutsche Zung´und deutsche Art mit dem Ausdrucksmittel der goldenen Zwanziger verbunden, das in melodischem Pfeifen besteht.

Die Autoren werden seit 1924/25 in den Stammrollen verzeichnet. Daher besteht Grund zu der Annahme, dass das Koblenzer Rolandslied in der 2. Hälfte der Zwanziger oder Anfang der Dreißiger entstanden ist. Man spürt den Trend zum beschwingten und irgendwie sorglosen Pfeiflied; und man verzeiht den unschuldig Pfeifenden die Konnation mit katastrophalen Konzepten von deutschem Wesen, wie sie sich in der Entstehungszeit des Liedes verhängnisvoll zusammengefunden haben.

So sehr man es innerhalb Schlaraffias auch betont: kein Schlaraffe kann sich den Strömungen der Zeit entziehen. Das Rolandslied steht im Kontext einer verhängnisvollen Politik, der Schlaraffia sich immer nach Kräften enthalten hat. Nicht zuletzt ist darum diesem Bund für Freundschaft, Kunst und Humor alsbald eine Art von Garaus gemacht worden.

Schlaraffen sind Leute, die heute noch unbeschwert an Roldands Tapferkeit denken kann, dabei nationalistische Empfindungen erleben und lächelnd ihre deutsche Art als humor- und kunstvoll bezeichnen - nicht kriegerisch oder gar mörderisch.

Die Renaissance Schlaraffias[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Schließung der deutschen Schlaraffenreyche 1937/39 war die sog. Uhufinsternis eingetreten. Jedoch die Siegermächte - allen voran die USA - zeigten ein Interesse, die demokratischen Kräfte im Nachkriegsdeutschland zu begünstigen. So ergab sich das erneute Aufleben der Schlaraffia im Westen Deutschlands. Einige Dokumente waren aus Prag nach Bern überführt worden. Man stand also nicht mit leeren Händen da. Hinzu kam die Hilfe aus den US-Amerikanischen Reychen.

Auch das Klangbuch, das AU 74 ein bewegendes Vorwort erhalten hatte, konnte jetzt neu herausgegeben werden. Unter Hitlers Einfluss dürften manche Versuche der Anpassung an das damals neue Denken unternommen worden sein. Über diese Neuerungen von 1933 schweigen die Schlaraffischen Archive.

1950 erscheint aus der Feder des Rt. Prima Vista (193=Castrum Bonnense) das neue Klangbuch. Es ist gekennzeichnet durch akribische Bearbeitung der alten und auch der Lieder aus den Zwanziger Jahren. Die Klavierbegleitung entbehrt nicht eines gewissen Pathos. Insbesondere sind die singenden Sassen der wiedereröffneten Schlaraffia den stimmlichen Anforderungen relativ hoch intonierter Gesänge nur noch begrenzt gewachsen. Gar zu weit haben sich Kunstmusik und Gebrauchsmusik der 1950er Jahre voneinander entfernt. Sänger und Theaterdirektoren sind nicht mehr hochprozentig in den Schlaraffischen Reychen vertreten. Darum fällt die Renaissance Schlaraffias gewissermaßen pompös aus.

Als Beispiel dient die Neubearbeitung des Ehe-Liedes.

Ehe und andere Klangmalereien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlaraffen-Cantate von 1883

Aha, Ehe, Ihi, Lulu, Uhu : die Urschlaraffen haben gerne mit Onomatopoesien gespielt. Schon Walther von der Vogelweide hatte mit seinem Tandaradei das große Vorbild gegeben. Die Dadaisten der 1920er Jahre waren etwa 60 Jahrungen nach unseren Urvätern wieder in dieser Hinsicht aktiv. Ernst Jandl, Eugen Gomringer und Hans Magnus Enzensensberger sind wohl die Jüngsten in der Reihe der klangmalenden Dichter.

Der Liederkranz von 1883 enthält ein Ahalied, das Lied Dudu, Ehe, Lulu (noch nicht das Ehe-Lied), Tante Ihi, 7 Lulu-Lieder (darunter auch das heute noch übliche Uhulied "Lustig Bumm"), 2 Uhu-Lieder, ein Lied mit dem Titel "O Aha Du, Uhu, Uhu" und das alles vermischende Lied "Schlaraffen-Cantate". Von 110 Gesängen sind also 14 erklärtermaßen onomatopoetisch. Das sind 13%. Man darf daher stiltheoretisch den Liederkranz als ein Onomatopoetikum betrachten, zumal die anderen Lieder oft klangmalende Refrains beinhalten, ohne vom Titel her schon Lautmalerei anzudeuten.

Im Liederbuch von 1890 sind viele der Klangmalereien von 1883 nicht mehr enthalten, aber neue hinzugekommen: insgesamt 25 von 300 Liedern: gleich 8%. Jedoch hat das Klavierbuch von 1950 nur noch 2 solcher Lieder aufgenommen: Ehe-Lied und "Lulu, Ehe,Aha" des Rt. Tutto aus dem HR Colonia Aggripina.

Schließlich ist im Tonio-Buch von 2009 nur noch das Ehe-Lied erhalten. Entstanden in den Zwanzigern, Text von Rt. Bliemche (Magdeburga), Musik Rudolf Wach, ist es heute der onomatopoetische Klassiker des Schlaraffischen Singens seit 2009.

Entstanden zwischen 1890 und 1933, hat das heutige Prunklied die älteren Ehe-Lieder 259 und 260 des Klangbuches von 1890 verdrängt. Rt. Wolfram von Eschenbach, der Fiedler, hatte einen Trink-Hymnus verfasst, der über 60 Jahre als Sololied gesungen worden war: "Auf, füllet die Humpen, die Becher!" Mit dem jubelnden Refrain: "Ich bring euch ein fröhlich Ehe! " Rt. Bliemche (2) hatte als Musikalienhändler Kontakt mit dem Magdeburger Theaterkomponisten Rudolf Wach, der die Musik komponierte. Strophe 1 ist wie der Ehe-Vorgänger ein hymnischer Aufruf: nicht zum Trinken, sondern zum Singen. Nach einem ersten Ehe-Refrain folgen 3 Strophen, in denen der Reihe nach Freundschaft, Kunst und Humor gepriesen werden.

Es handelt sich um ein hymnisches Lied, in dem die Mehrzahl der Schlaraffen angeredet wird: "Lasst erschallen in frohem Gesang ... "

Hymnen sind ursprünglich feierliche Gottes-Anreden (vgl. O.Knörrich: Die Hymne. 1981). Im griechischen Altertum haben die sogenannten Homerischen Dionysos-Hymnen Modell gestanden. Schillers Hymne an die Freude und sehr zeitnahe Nietzsches Dionysos-Dithyramben mögen den vielfältigen Schlaraffen-Hymnen Pate gestanden haben. Stefan George und Georg Heym sind Zeitgenossen hymnischer Dichtung, wie sie von Rt. Wolfram im Ehe-Lied intendiert wird.

Die Rhythmik des Textes ist durchaus kompliziert: Zugrunde liegt ein dreihebiger Anapest, der mit einem 5-hebigen Jambus abgeschlossen wird. Nach Wiederholung dieses Schemas folgt der Refrain: Ehe, Ehe: das kleine Zauberwort!. Zwei 5-hebige Jamben münden in einen zugespitzen 4-hebigen Jambus.

Das Klangbuch von 1950 setzt dieses Lied in Es-Dur, so dass der höchste Ton der Männerstimme auf dem kleinen F liegt. Darum hat Rt. Tonio das Lied eine kleine Terz heruntertransponiert. Gar zu garstig klangen ihm die angestrengten Stimmen der Schlaraffischen Brüder beim Gesang. Auch die prunkvollen Oktavklänge beider Hände dienten einst der theatralischen Vorstellung eines Bühnenauftrittes der 1000 Jahre fortdauernden Schlaraffia. Diesen Prunk hat Rt. Tonio etwas abgemildert, so dass das Ehe-Lied heute nach wie vor feierlich aber nicht mehr pompös klingt.

Der Tamtam ruft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ruf der Glocken ist seit dem Chinesischen Altertum (und seit dem christlichen Mittelalter) ein Ruf des Höheren ( Kramer, K.: Glocken in Geschichte und Gegenwart. Karlsruhe 1997). Nach Schillers Lied von der Glocke haben vor allem romantische Weihnachtslieder dieses Motiv musikalisch und literarisch verarbeitet. Kritzingers "Süßer die Glocken" ist ein Beispiel unter vielen (auch "Klingglöckchen", "Stille Nacht" und James Pierpoint´s "Jingle Bells" 1857). Trakls Gedicht "Verfall" ist ein Beispiel aus dem 20. Jahrhundert. Zur Entmystifizierung der Glocke ist neuerdings ein Song der Berliner Band Coppelius entstanden.

Schlaraffia hat die Glocke gegen das Tamtam eingetauscht und damit den Humor in die Verherrlichung der Glocke gebracht. Das Schlaraffenlied rezipiert die literarische Entwicklung der Glocken-Kritik nicht, sondern vertauscht humorvoll die Glocken gegen das Tamtam. Die Rtt. Walther von der Vogelweide und Kühleborn der Kahle (7, Bruna: Braunschweig) haben von 1890 bis 2009 mit dem Tamtam-Lied das Schlaraffische Glockenmotiv beherrscht: Plötzlich ein Donner, Tamtam erbrummt. Und dann brummt der Tamtam alle 4 Strophen dieses Glockenliedes der Schlaraffia.

Aber das Lied ist ausgemustert. Rt. Tonio hat das Tamtam-Lied der Wiesbadensen Rtt. Piepenbrinck und Compo-Phil an seine Stelle gesetzt. Der Konservativismus des Männervereins ermöglicht vierhebige Trochäen im Kreuzreim mit einem Refrain auf Lulu, Lulu.

Musikalisch wird in munterem Alla-Breve-Takt eine Melodie in F-Dur angestimmt, die jegliche Abweichung vom romantischen Volkslied vermissen lässt. Künstlerisch bedeutsam ist allerdings die Rhythmik des allen Schlaraffen gemeinsamen Herzschlages." Lulu, Lulu: so klingt es immerzu. "

An die Freunde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn einer im 20. Jahrhundert "An die Freunde" dichtet, so bezieht er sich fraglos auf Schillers "An die Feude". "Freude, schöner Götterfunken", heißt es, "Tochter aus Elysium!" Schiller hat diesen Hymnus ca. 200 Jahrungen vor Rt. Eulenspiegel (11, Stuttgardia) geschaffen; und in der Zwischenzeit hat eine Krise der Kunst die andere "gehetzt". Daher erklärt es sich, dass die Dichter keine Sätze mehr bilden, die mit der standardhochdeutschen Sprache übereinstimmen. Auch die Musiker haben den gemeinen Menschenverstand von Melodie, Harmonie und Klangfarbe sozusagen hinter sich gelassen. Ein Jahrhundert voller Nihilismus liegt - literarisch und musikalisch - hinter uns.

Aber wo steht der Spiegel der Schlaraffen? Die Rtt. Eulenspiegel und Tonio zeigen es eindeutig an: das Streben nach Freundschaft, Kunst und Humor ist vom Nihilismus eines Benn, Brecht oder Grass niemals in die Krise gelockt worden. Auch Alban Berg, Paul Hindemith oder Schostakowitsch haben den Rt. Tonio nicht in die Krise der Tonalität (Adorno 2003) gezogen.

Mit schlichter Sachlichkeit hält man an der Grammatik des standardhochdeutschen Satzes fest und erklärt ohne Pathos, das Ziel der Vereinigung sei es, Freunden Freude zu machen. Reichtum sei Tand, und der Sinn des Lebens liege im Spiel.

Musikalisch wählt Rt. Tonio für mittlere Stimme die Tonart C-Dur bzw. für hohe Stimme E-Dur. Dabei handelt es sich um besonders "helle" Tonarten, die im Verlauf des Liedes sparsam - und doch erheblich - moduliert werden: b-moll und Des-Dur liegen auf der anderen Seite des Quintenzirkels.

Aber es kommt niemals zur atonalen Verleugnung der klassischen Dreiklänge. Auch Melodie und Rhythmus bleiben stets im Rahmen romantischer Tonalität. Denn Schlaraffia ist eine Vereinigung der Ahnenverehrung. Man bewahrt - so weit es geht - das Vorbild der Alten.

So erklärt es sich, dass schlichte Akkorde von F-Dur und C-Dur über c-moll, b-moll, gar Des-Dur zur klassischen Kadenz um C-Dur zurückgeführt werden.

Auch Melodie und Rhythmus lassen keinen Zweifel am Bezug zur romantischen Vergangenheit. Nur leicht synkopische Rhythmen der Klavier-Akkorde mögen den Hörer daran erinnern, dass wir es mit einem Lied aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun haben. Die musikalische Botschaft ist die der Harmonie; und literarisch wird der schlichte Bezug zu Schillers Freude hergestellt.

In 150 Jahren verwirrter Semantik, Syntax und Tonalität bietet der Spiegel Schlaraffischen Liedgutes ein klares Ja zu schlichter Harmonie - ohne Pose und ohne intellektuelle Attitüde. Freundschaft führt alle Beteiligten zum "hohen Gewinn"; und dies bestätigt sich in Harmonie, Rhythmik, Klangfarbe und Melodie. In der Auffassung der Schlaraffia herrscht bewahrendes Einverständnis mit Sprache und Musik der Gründerzeit: vielleicht ein bisschen Rhythmus des 20. Jahrhunderts und eine Art von Verzicht auf das Pathos der Hymne! Aber Schlaraffia pflegt die Harmonie; und das in Sachen Freundschaft, Kunst und Humor.

Das 21. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geburtstagslieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gelegenheitsgedichte sind lyrische Texte, die zu bestimmten Anlässen verfasst werden (Segebrecht, W.: Das Gelegenheitsgedicht. 1977). Oftmals trivial, dienen sie der Verherrlichung eines Auftragsgebers oder Jubilars.

Andererseits hat Goethe seine Lyrik gelegentlich als Gelegenheitsgedichte bezeichnet (zu Eckermann 18.9.1823). Er meint, dass konkrete Anlässe seiner Biographie die Erlebnisgrundlage seiner Gedichte gaben (Erlebnislyrik).

Die Schlaraffischen Geburtstagslieder stehen zwischen diesen beiden Typen. Sie sind nicht für einen einzelnen Anlass geschaffen, und sie entspringen auch kaum einem einzigen Erlebnis des Autors. Vielmehr schafft die wiederkehrende Erfahrung der Geburtstagsfeiern im Männerbund Anlass und Verwendungszweck für Text und Musik. Darum eignet sich die Analyse dieser Lieder ganz besonders zur Darstellung der Entwicklung des Schlaraffischen Liedgutes.

Bereits im Liederkranz von 1883 finden sich ein Geburtstagslied und ein Oberschlaraffen-Geburtstagslied. Beide waren bereits 1890 nicht mehr im Gebrauch. Gar zu konkret schien der Anlass für diese Texte gewesen zu sein. Die Melodien dieser Lieder sind heute nicht mehr bekannt. "Freunde, nehmt das Glas zur Hand,/ Führt es rasch zum Munde,/Setzt die Lippen an den Rand,/Lehrt es bis zum Grunde./ Dem Geburtstagskind zu Ehren/ lasst uns diesen Becher leeren./ Leeren bis zum Grunde."

Graf Gleichen - wie könnte es anders sein - steht am Anfang der mit Melodie überlieferten Wiegenfest-Gesänge. Zusammen mit Rt. Strauss, dem (r) Liederzauberer, hat er schon in Band 2 des 1890 erschienen Melodiebuches sein Geburtstagslied publiziert. Er schildert gemäß romantischer Traumtheorie die Geburt als ein Erwachen aus dem ewigen Traum der Seele. Auf Traum reimt sich der Purzelbaum, den das Neugeborene vollführt, um ein echter Schlaraffe zu werden.

Der hymnische 4-Takt geht über zum Walzer, um Lulu und Ehe zu "schreien". Denn die ausgelassenen Zecher der Hohen Praga waren durchaus auch laut.

Jedoch man vergleiche die Lautheit des Sängers mit der des heutigen Fußballplatzes! Ein lauter Urschlaraffe geht über in den Walzertakt im krassen Gegensatz zum Fußballtrainer, der sich beim Geschrei über den Platz die Schleimhaut des Kehlkopfes verletzt.

Das vierte Geburtstagslied der Schlaraffia stammt aus Leipzig und Stuttgart. (Rt. Castor aus der Hohen Stuttgardia hat den Text verfasst, und Rt. Aujustinus hat zu Lipsia die Musik dazu komponiert). Wie Gleichen und Strauss, der Liederzauberer, fanden sie ein strahlendes C-Dur für ihre schmetternden Fanfaren geeignet. Denn die Instrumente verkünden der Welt, dass geboren sei ein Held.

Man kann die Betrachtung abkürzen, da sowohl der Hymnus mit Übergang zum Schunkelwalzer als auch die heldischen Fanfarenklänge für den heutigen Schlaraffengebrauch ausgemustert wurden. Irgendwann zwischen 1920 und 33 hat der Schlaraffe zwei neueren Liedern den Vorrang eingeräumt.

Zunächst hatte Rt. Poesirius zu Breslau (5) die Idee, die Engel des Himmels über die Geburt eines Schlaraffen jubeln zu lassen. Als Nummer 107 im 1950er Buch wird dieses transpersonale Lied aufgeführt.

"Wenn mit dem Schnabel aus dem Teiche Ein Störchlein den Schlaraffen zieht, Dann geht durch alle Himmelreiche Ein echt Schlaraffisch Jubellied."

Rt. Klimpernickel, der die Musik zum Text des Poesirius komponiert hat, bezeichnet das Tempo (der goldenen 20er Jahre) als zopfig (nicht schleppen(d)). Kabarettistisch wird das Jenseits dargestellt. Denn das Englein singt: "Aha! Schon wieder ein Schlaraffe da!"

Man geht nicht mehr vom Hymnus zum Schunkelwalzer über (Gleichen). Man stimmt auch (noch) nicht wieder Fanfaren zum Geburtstag des Helden an (Aujustinus). Aber man parodiert im Stepdance das himmlische Spektakel einer Schlaraffen-Geburt - und dies in durchaus tragischer Ironie kurz vor dem Ende Schlaraffias in den Flammen der Hohen Praga.

Die Renaissance Schlaraffischer Geburtstagsklänge ist wieder hymnisch. Rt. Klangsor aus dem HR (36) Hammonia hat die heute (d.h. 2009) einzige Geburtstagshymne verfasst. Er wird 1925/26) als Knappe 178 im HR Chassala aufgeführt, und sein Name erscheint - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr in der Stammrolle von 1936/7. Also dürfte die Geburtstagshymne Ende der Zwanziger bzw. Anfang der Dreißiger entstanden sein.

Zunächst feststellend, soll heute ein feierlich Singen erklingen. Dann aber wird es hymnisch: "Hebet die Humpen und Becher!"

Die Renaissance Schlaraffias (nach ihrem 1000-jährigen Schlaf) hat aus dem Anlass des Geburtstages einen wuchtig, feierlich klingenden Hymnus geschaffen. Ursprünglich in A-Dur, gipfelt die Männerstimme auf dem eingestrichenen E: für ungeschulte Stimmen in Mitteleuropa ein Grund zum Gröhlen und Absenken der Intonation um einen Viertelton (oder mehr). Darum hat Rt. Tonio dieses heute alleinherrschende Geburtstagslied nach G-Dur transponiert. Dies entspricht durchaus dem Prinzip neuer Schlichtheit, das für das neueste Liederbuch Schlaraffias vorherrschend ist.

Ahalla-Lieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Totenklagen gehören zu den ältesten Gattungen der Weltliteratur (H.Husenbeth: Totenklage 1973). Gilgamesch- Epos, Ilias, das altenglische Beowulf-Lied und die Nibelungenklage sind die großen Urbilder des künstlerischen Singens in der Hoffnung auf eine seelische Vereinigung mit dem geliebten Verstorbenen. Lyrisch sind vor allem die zahllosen Orpheus-Gesänge vom frühen Griechentum bis ins 21. Jahrhundert zu nennen (vgl. W. Abaelard: Eurydike 2010).

Graf Gleichen hat zunächst eine Trauer-Cantate zur Melodie des Volksliedes "Guter Mond" verfasst (Nr. 11 des Liederkranzes von 1863). Fast sarkastisch mutet es heute an, wenn man in diesem längst vergessenen Lied liest: "Ihi selbst, die gute Tante,/ ist ganz stumm vor tiefem Schmerz;/ presst der Schürze feuchte Kante/ wehmutsvoll ans Tantenherz."

Darum hat Rt. Othello (73) in Brieg (heute polnisch Brzeg) einen alternativen Text verfasst: "Uhu senkt die Flügel trauernd"; und Strophe 3: "Nur die Hoffnung ist geblieben,/ und sie ist so herrlich schön,/ dass verklärt er jetzt da drüben/ wandelt in Ahallas Höhn." Das Lied schließt wie alle späteren mit der typisch Schlaraffischen Hoffnung auf ein Wiedersehen in Ahalla.

Die moderne Psychologie hat in den 1980er Jahren einen neuen Forschungszweig eröffnet, den man heute transpersonal nennt (Belschner, Wilfried: Forschung erfahrungsbasiert. 2010). Lateinisch "trans" heißt 'jenseits'. Darum studieren Psychologen (neuerdings wieder) die Einstellung der Menschen zu Tod, Sterben, Nahe-Tod-Erfahrung und Jenseits-Erleben.

In dieser Hinsicht bietet Schlaraffia ein ganzes Arsenal transpersonaler Konzepte. Schon mit der Begrüßung des Uhu wird die klassische Figur des Totem einbezogen. Styx ist der Fluss des Vergessens, der das altgriechische Jenseits von der Oberwelt abtrennt. Aha ist ein Symbol, wie es die Päbste und Kardinäle zum Zeichen ihrer Erleuchtung tragen. Auch das Aha-Gemäß kommt dem christlichen Abendmahlskelch durchaus nahe. Und ganz besonders in der Ceremonie des Trauerlulus (Cer 14, 17) kommt die transpersonale Hoffnung auf eine unzertrennliche Verbindung diesseitig Lebender mit dem Verstorbenen zum Ausdruck (W. Herrmann: Die Transpersonalität Schlaraffias. 2011).

1894 wurde das HR Tarimundis begründet. Graf Gleichen, der aus Prag nach Darmstadt übergesiedelte Urschlaraffe, verfasste ein neues Trauerlied, dessen Musik von Rt. Strauss, dem Liederzauberer, stammt: "Ein treues Herze schlägt nicht mehr. " Und später heißt es in Lied 209 des 2. Bandes von 1890: "Reit wohl, du treulieb Bruderherz,/ zu Ahallas lichten Räumen."

Die Rtt. Lohengrin (41) und Skopicek (41) haben im HR Budovicia (Budweis) das transpersonale Gedenken thematisiert, das zunächst nur das Erleben des fahrenden Schlaraffen schildert. Man weilt in der Ferne, und die Seele findet sich bei den Freunden. Aus dieser telepathischen Erfahrung haben Tausende vor allem im sog. 1. Weltkrieg ihre Verbundenheit mit dem Heimat-Reych erlebt.

Das heute klassische Trauerlied Schlaraffias ist ursprünglich in E-Dur gesetzt und reicht mit seiner Melodie bis zum Kammer-A, also einem Ton, der für ungeübte Stimmen auch mit Schreien nicht zu erreichen ist. Darum hat das Klangbuch von 1950 eine Transposition nach C-Dur vorgenommen; und Rt. Tonio hat es nochmals um eine Terz auf A-Dur abgesenkt.

Drei- bis vierhebige Jamben werden im Kreuzreim zu einer Anrede im Sinne einer Ode (Hymne) verbunden. In 3 Strophen wird die Unmöglichkeit bekundet, Schlaraffia zu vergessen. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass es sich primär nicht um ein Totengedenken handele. Jedoch der situative Kontext einer jeden Ahalla-Feier besagt das Gegenteil; die telepathische Verbundenheit des in der Ferne Weilenden wird auf den Verstorbenen bezogen: Verbundenheit mit Schlaraffia bedeutet zu Lebzeiten Verbundenheit über Tausende von Kilometern; im Rahmen der Ahalla-Feier bedeutet sie die spirituelle Verbundenheit mit den Dahingegangenen.

Das Klavierbuch von 1950 inszeniert eine kunstvolle Kombination von Gemeinschaftsgesang und Klavierpart. Das gleitende Bewusstsein des Meditierenden wird in Triolen einem Gesang unterlegt, der im Zweiermaß sein Denken ausspricht.

Rt. Tonio hat diese wunderbare kompositorische Idee vereinfacht: gar zu anspruchsvoll sind die Polyrhythmen im Miteinander von Begleitung und Gesang.

Besondere Erwähnung verdient zum krönenden Abschluss das Sololied "Ahalla-Klänge". Beethovens Klaviersonate Op. 26 enthält einen 3. Satz mit dem Titel "Marcia funèbre" (Trauermarsch). Er ist gekennzeichnet durch einen langsam schreitenden Grundrhythmus in ces-moll. Durch einen Zwischenteil in As-Dur wird die erlösende Ahnung von einer Existenz jenseitiger Seelen vermittelt. Danach wiederholt sich der Marschrhythmus, bis in rätselhaften Klängen ein tröstlicher As-Dur-Akkord erreicht wird.

Ob Schubert, Mendelssohn oder Chopin: sie alle haben in ihren Trauermärschen diese Dur-Metamorphose Beethovens nachvollzogen. So auch das Sololied "Ahalla-Klänge" der Rtt. Inja (42) und Figaro (121, Tarimundis). Es ist im Klangbuch von 1890 noch nicht enthalten und findet sich im 1933er Buch als Nr. 115. Die Stammrollen verzeichnen Figaro Mitte der zwanziger Jahre als Mitglied der Hohen Wiebadensia (42). Das Lied muss also in den späten zwanziger Jahren entstanden sein.

Mit dem Vorspiel für Klavier und Soloinstrument wird die Rhythmik des o.g. Trauermarsches von Beethoven aufgegriffen. Die 4 Strophen sind in je 4 Zeilen à 4 Jamben kreuzweise gereimt. Die ersten zwei Strophen bilden den Trauermarsch nach Beethovens Vorbild. Dann folgt der eigentliche Ahalla-Klang, der durch Inhalt und Form die Zuversicht auf ein Leben der Verstorbenen im Jenseits ausdrückt.

Der Trauermarsch schreitet dumpf in f-moll (1950 in g-moll) und schildert die gedrückte Stimmung im Rittersaal. Der Ahalla-Klang weist eine fließende Achtel-Begleitung in F-Dur (1950 in G-Dur) auf und spricht die verstorbenen Freunde an: "Seid von uns ihr auch geschieden,/ sollt ihr unvergessen sein."

Das Nachspiel für Klavier und Soloinstrument behält die fließende Achtelbewegung in F-Dur bei und endet in einem strahlend aufsteigend verklingenden F-Dur-Arpeggio.

Die Rtt. Montex (363) und Melodio (329) haben im Verlauf der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ein weiteres Lied Zur Ahalla-Feier verfasst: "Der Platz an unsrer Seite,/ der bleibt für immer leer." Wer dächte da nicht an das klassische Lied vom treuen Kameraden!

Auch in diesem schlichten Trauermarsch wird das Angedenken der Verstorbenen mit der Gewissheit verbunden, man werde dereinst im Geist der Schlaraffischen Freundschaft ewig vereint sein; und in diesem Geist ist auch der Ahallaritt der Rtt. Plautulus (153) und Robinhut (50) verfasst, der als Nr. 69 im Klangbuch von 2009 mit den 2 Liedern "Ahalla-Klänge" und "Zur Ahalla-Feier" eine thematische Einheit bildet: wer in der Gemeinschaft Schlaraffischer Freunde mit Kunst und Humor zu sterben verstünde, der hätte die höchste Stufe des Menschseins erreicht (Curt Goetz: "Dr. med . Hiob Pretorius").

Uhubaum-Lieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist ein uralter Wunschtraum der Musiker, man könne durch Gesang die Götter rühren. Allen voran stieg Orpheus hinab in die Unterwelt, um aus den Händen Plutos und Proserpinas seine zu früh verstorbene Eurydike zu erhalten (Storch, Wolfgang: Mythos Orpheus. Leipzig 1997).

Plotin (205-70) hatte die Idee, nicht nur Philosophen, sondern auch Musiker könnten die Ketten des Platonischen Höhlengleichnisses wenden, um des Lichtes hinter ihrem Rücken angesichtig zu werden. Seit Erfindung des Weihnachtsfestes nutzt man diesen Mechanismus, um die himmlischen Klänge der sog. Sphären zu erfahren (vgl. W.Herrmann: Gibt es eine Musiktheologie? www.cespicom.de ).

Am Anfang stehen Parodien des Volksliedes "Oh Tannenbaum!" Rt. Purzel aus der Hohen Lipsia besingt den Uhubaum, und auch Rt. Kurella hat ein Lied auf den Uhubaum komponiert. Als Nummer 153 war das Uhubaum-Lied des Olmucia-Rt. Kax aufgeführt: "Oh Uhubaum! Schlaraffia!/ Dich wollen laut wir grüßen. " Und schließlich: "Dich segne, dich behüt Uhu!"

Rt. Carmen, der Vielsaitige (15, Monachia) hat die alte Uhubaum-Parodie durch das heute übliche Uhubaum-Lied "Beim Uhubaum" (Nr. 72 im Tonio-Buch) ersetzt. Es steht im Prima-Vista-Buch von 1950 in F-Dur und wurde von Rt. Tonio zusätzlich für "tiefe Stimme" in D-Dur - also eine kleine Terz tiefer - gesetzt.

Die zweite Strophe verrät die Herkunft aus dem Geist der Reformpädagogik: "Ein längst entschwundener Kindertraum/ steht auf aus dunkler Nacht". Werdet wie die Kindlein! heißt es sinngemäß im Matthäus-Evangelium (Mt. 18,3); und so wird die Renaissance des Kindheitserlebens im Weihnachtsgesang zur Erlösung im Geiste des Jenseits, den der Schlaraffe den Geist Uhus nennt.

Das Liederbuch der Schlaraffen überlässt den Sassen weitgehend die in den Ländern des Uhuversums jeweils übliche Weihnachtsmusik. Die einen singen "Gingle bell!", die anderen "In dulci jubilo!" Nur der eine schlichte Klang des Rt. Carmen soll die Schlaraffen aller Reyche miteinander verbinden: "Wer treu in des Lebens vergesslicher Fahrt/ den Sinn sich für Schönes und Edles bewahrt,/ dem leuchtet es heimlich ins Leben hinein/ wie des Uhubaumes funkelnder Schein."

Der Engel im Schlaraffischen Liedgut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zacharias und der Erzengel Gabriel

Schon durch das 1. Buch Mose (Gen. 19,1) wird die Vorstellung belegt, dass zwischen Gott und Mensch Wesen vorkommen, die Botschaften entrichten und auch faktisch Veränderungen herbeiführen können ( z.B. die Vernichtung der Städte Sodom und Gomorra). Das griechische Verb angelein bedeutet soviel wie ´versuchen´, ´Botschaft verrichten´. Engel gelten auch in der römischen Antike als Gesandte Gottes. Gabriel z.B. erschien der Jungfrau Maria (Lk 1,26) (vgl. Rosenberg, A.: Engel und Dämonen. Gestaltwandel eines Urbildes. München 1992). Literarisch ist das Wirken der Engel oft durch Legenden belegt (Walz, H.: Legende. 1986). Man erzählt sich vom Wirken göttlicher Gesandter im profanen Leben der Menschen: sei es, dass sie bereits prominent waren (z.B. Lot: Gen 19), oder dass sie durch Eingreifen eines Engels prominent wurden (z.B. Maria: Lk 1, 26).

In den bildenden Künsten werden Engel oft weiß und mit Flügeln und Schriftfahnen dargestellt. Musikalisch ist besonders die Weihnachtsmusik von Engelschören und Engelsbotschaften erfüllt (z.B. Ihr Kinderlein kommet, J.S. Bachs Weihnachtsoratorien und zahlreiche Musikwerke in der Nachfolge).

Die Rtt. Poesirius und Klimpernickel (5) aus der Hohen Wratislavia haben im Stil der 1920er Jahre ein sog. Geburtstagslied geschaffen, in dem erzählt wird, nach Geburt eines Kindes, das irgendwann einmal Schlaraffe werden würde, säßen im Himmel auf allen Wölkchen jubelnde Engel: Hurra, Hurra, schon wieder ein Schlaraffe da!

Es wäre vermutlich ein Fehler, wenn man dieses humorvolle Liedchen gar zu wörtlich bzw. beim Wort - nehmen würde. Jedoch darf man unterstellen dass es als schicksalhaft angesehen wird, wenn jemand im Verlauf seines Lebens Schlaraffe wird. Hinzu kommt die transpersonale Perspektive. Schlaraffen besingen den Ahalla-Ritt ihrer Freunde. Also wird angenommen, dass es nach dem Sterben ein jenseitiges Leben gibt. Auch wird eine Wiederbegegnung mit den Verstorbenen angenommen. Neben den Geistwesen der Verstorbenen treten auch Engel zutage seien sie nun ebenfalls verstorbene Menschen oder andere Wesen irgendeiner Herkunft.

In einem Lied zur Schöpfung der Schlaraffinen (Klangbuch von 1890 Nummer 122, 1950 Nummer 119) wird - ebenfalls cum granu salis die Erschaffung der Burgfrau als schicksalhaft und im Jenseits wohlgelitten angesehen. der Nebel wich, in herem Glanz erscheinen/ viel Engelsköpflein göttlich anzuschaun. Demnach wird auch die Schöpfung der Schlaraffinen von den Engeln bejubelt.

Eine weitere Wurzel für literarisches und musikalisches Engelwesen im Schlaraffischen Liedgut ist das Uhubaumlied des Rt. Carmen der Hohen Monachia. 1890 sanktioniert als 15. Reych, muss der Münchener Rt. das heute allein herrschende Uhubaumlied geschaffen haben: Brennt an die Lichter am Uhubaum! Strophe 2 schildert die transpersonale Vision: Manch lange vergess´nes liebes Gesicht/ taucht wieder empor in dem zitternden Licht. Die Jenseitsbewusstheit der Romantik ist im Schlaraffischen Lied vom Nihilismus des 20. Jahrhunderts verschont geblieben. (Hierin liegt wohl auch der Hauptgrund für die vielen konservativen Zurückhaltungen vor den sog. Errungenschaften in Literatur und Musik des 20. Jahrhunderts.)

Die Zugbrücke rasselt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Abbildung der ersten Firth-of-Tay-Brücke

Musik- und Literaturhistoriker erstellen häufig den historischen Kontext, bevor sie ein Lied interpretieren. Anschließend wird das Verständnis durch den Kontrast vor dem historischen Hintergrund vertieft.

Die Situation des Überganges vom Diesseits in eine höhere Welt wird seit Jahrtausenden mittels des Symbols der Brücke dargestellt. Das griechische Altertum ist in dieser Hinsicht noch altmodisch. Denn Charon ist ein Fährmann, der die Verstorbenen über den Strom des Vergessens navigiert. Orpheus z.B. soll es gelungen sein, den Fährmann mit seinem Laierspiel zu betören, so dass er ausnahmsweise einen Lebenden hinübersetzte. Das lateinische Altertum verwendet jedoch bereits die Brücke. Jesus ist der Weg (Joh. 14,6). Der Pabst gilt als Pontifex (Brückenbauer); auch Jesus wird gern als Brücke zwischen Diesseits und Jenseits bezeichnet (Anselm Grün).

Die mittelalterliche Epik stellt den allein ausziehenden Helden als Ritter auf schmalem Pfad dar. Der rechte Weg ist ein schmaler Weg, und er führt den wahren Helden direkt hinein ins Schloß (vgl. Erec, Iwein, Parzifal, Gawein bis hin zu Don Quichote).

Entsprechend ist Däumeling der wahre Prinz, der auf Anhieb den geraden Weg über die Brücke ins Schloß nimmt. Erst Fontane verwendet die Brücke als Irrweg des Menschen. Die Brücke am Tay stürzt mitsamt der Eisenbahn in die Tiefe. Denn Tand ist das Gebilde von Menschenhand.

Diesen düsteren Zug in der Verwendung des Brückenmotivs hat das 20. Jahrhundert überwiegend beibehalten. Kafka zeigt die Brücke, die nirgendwo hinführt und jämmerlich zugrundegeht. Bei Dürrenmatt ist die Brücke ein düsteres Bild der Selbstentdeckung. Ancric verwendet die Brücke als Symbol der zerstörten Beziehung zwischen den Völkern. Und bei Wilder bedeutet die Brücke den schicksalhaften Tod für 5 zufällig zusammengekommene Menschen.

Vor dem Hintergrund dieser Motivgeschichte rückt das kleine Zugbrückenlied der Rtt. Aioli und Mon Chéri (276) in ein besonderes Licht. Dargestellt wird der Übergang des Schlaraffen in die höhere Welt . Die Zugbrücke rasselt, der Weg ist nun frei. So wird mit einem Satz die ganze Mystik des Überganges angedeutet. Die Rekken reiten ein: auf schnaubendem Rosse. Man spürt den Humor dieser Szene eigentlich erst recht, wenn man den düsteren Hintergrund der zeitgenössischen Brückendichtung mitdenkt. In strahlenden A-Dur-Akkorden erklingt ein kurzes Klaviervorspiel. Mon Chéri wählt einen munteren 6/8-Takt, um die Bewegung des fröhlichen Trabens einzufangen. Und dann sind sie da: die Ritter auf schnaubendem Rosse. Sie sind über die Zugbrücke in die Welt des schönen Scheins eingerückt.

"Wohlan denn, ihr Sassen, das Sippen beginnt". Und am Schluss: "Wir wollen zum Trutz dem Grau dieser Welt/ als Ritter fröhlich hier leben." Dem grauen Alltag, von dem aus die Rekken auf schnaubendem Rosse eingeritten sind, wird die Welt der Kunst, der Freundschaft und des Humors entgegengehalten: eine andere, höhere Welt, zu der man über eine Zugbrücke den Zugang gefunden hat.

Fazit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insgesamt überblickt man eine Tradition von 150 Jahren Schlaraffischer Liedkultur, die anfangs durchaus zeitgemäß demm Stil des spätromantischen Volksstils nahestand. Man betreibt Klangmalerei bis zum Überfluss und zeigt eine Tendenz zum Hymnus, die noch frei ist vom Pathos des Nationalsozialismus. Die weltweite Verbreitung des Männervereins lässt gelegentlich Einflüsse aus fremden Erdteilen erkennen. Hymnos und Volkslied werden in den goldenen Zwanzigern durch den Commödiantischen Gassenhauer-Sänger ergänzt. Auch der Pfeifenheini kommt zur Geltung im Kontext einer neuen demokratischen Bewusstheit.

Die Schlaraffen-Renaissance nach dem 2. Weltkrieg verfällt in ein Pathos, das man heute nur noch besonders an der pompösen Ausgabe von 1950 ablesen kann. Seit 2009 ist die ursprüngliche Schlichtheit des künstlerischen Ausdruckes zurückgekehrt, die der Schlaraffe so beteuert: Humor solle sich mit Kunst und Freundschaft verbinden, nicht Tumult und trunkene Begeisterung für große Aufmärsche und pompöse Heldentaten.

Im Verlauf der Jahrzehnte ist aufgrund der Beharrungstendenz Schlaraffias eine mehr und mehr vergrößerte Kluft zwischen Kunstmusik und Schlaraffischer Tradition erkennbar. So sind den Liedern die Krisen der Musik- und Literaturgeschichte im 20. Jahrhundert weitgehend erspart geblieben.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

- Abaelard, W.: Eurydike 2010).

- Abraxas, (Rittername).: Die allerletzten Geheimnisse des Uhuversums. Bad Mergentheim 2006.

- Adorno, Theodor W.:Gesammelte Schriften in 20 Bänden: Band 12: Philosophie der neuen Musik: BD 12. Frankfurt 2003.

- Allert, Tilmann: Der Deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste. Eichborn, Berlin 2005, Ditzingen 2010).

- Belschner, Wilfried: Forschung erfahrungsbasiert. 2010

- Bergs, Jürgen (aliasRt. Dal´berg): König Humor. Vom Vormärz in Mainz zu den Urschlaraffen in Prag. Bad Mergentheim 2007.

- Canstein-Kleinhenz, Andreas von (alias Rt. Anacrayon): Schlaraffia, mein Wunderland. Zu den kulturhistorischen Ursprüngen unseres Ritterspiels. Bad Mergentheim 2006.

- Eroms, Hans-Werner: Stil und Stilistik. Eine Einführung. Schmidt, Berlin 2008

- Gudewill, K.: Der Gassenhauer. In: MGG 4, 1955

- Herder, Johann G.: Über den Ursprung der Sprache. Straßburg 1771

- Herrmann, Wolfgang: Schlaraffenspiegel. Eine literaturgeschichtliche Analyse. Wikipedia 2010.

- ders.: Die Transpersonalität Schlaraffias. Wikipedia 2011.

- Husenbeth, H.: Totenklage 1973

- Kaiser, H.: Politische Lyrik. Text und Kritik 9/1984

- Knörrich, O.: Die Hymne. 1981

- Kramer, K.: Glocken in Geschichte und Gegenwart. Karlsruhe 1997

- Kraus, Carl v.: Des Minnesangs Frühling. Stuttgart 1944

- Laufhütte, H.: Die deutsche Kunstballade. 1983 ff

- Liede, Alfred: Dichtung als Spiel. Studien zur Unsinnspoesie an den Grenzen der Sprache. Neu herausgegeben von Walter Pape. Verlag De Gruyter, Berlin 1992

- Linnerz, H.: Das Trinklied in der deutschen Dichtung. Diss. Köln 1953

- Maas, Michael: Der Weg in die Uhufinsternis. Die schlaraffischen Reyche und der Nationalsozialismus. Bad Mergentheim 2009.

- Segebrecht, W.: Das Gelegenheitsgedicht. 1977.

- Storch, Wolfgang: Mythos Orpheus. Leipzig 1997

- Wohlrapp, Harald: Der Begriff des Arguments. Über die Beziehungen zwischen Wissen, Forschen, Glaube, Subjektivität und Vernunft. Würzburg: Königshausen u. Neumann, 2008

- Zwilling (Rittername) (Hg.): Derer Schlaraffen Lieder. Leipzig 1933.