Benutzerin:Monika Wirthgen/Geschichte der Philosophie

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Die Geschichte der Philosophie umfasst Darstellungen von Philosophen, Philosophien, philosophischen Strömungen, Problemen, philosophischen Kontroversen und philosophiehistorischen Theorien. Die Anfänge der europäischen Philosophie werden im Griechenland des 6. Jahrhunderts v. Chr.verortet. Inzwischen werden Einflüsse durch das ägyptische Weltbild, durch persische, chinesische und indische Philosophien als relevant eingeräumt.[1]

Zur Geschichte der Philosophiegeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historiographische Darstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten umfassenden Darstellungen der Geschichte der Philosophie entstanden europaweit mit der Aufklärung. Sie folgten im Wesentlichen historiographischen Konzeptionen und hatten einen überwiegend enzyklopädischen Charakter. Sie veröffentlichten chronologisch geordnet, quellenbelegte, möglichst vollständige, bündige und unparteiische Darstellungen von Philosophien und Philosophen. Sie fügten diesen Darstellungen Sekundärliteratur hinzu.[2] Pierre Bayle veröffentlichte zwischen 1695 und 1702 sein so konzipiertes Dictionnaire historique et critique. Jakob Brucker hat zwischen 1732 und 1736 die erste entsprechend konzipierte siebenbändige deutsche Philosophiegeschichte unter dem Titel Kurze Fragen aus der philosophischen Historie veröffentlicht, die von den Anfängen in Griechenland bis in seine Zeit reichte. [3] Wilhelm Gottlieb Tennemann begann dem Beispiel seiner Vorgänger folgend 1798 mit der Veröffentlichung seiner umfassenden zwölfbändigen Philosophiegeschichte. Er setzte mit seiner Geschichte der Philosophie den Anfang für bis heute gültige philosophiewissenschaftliche Standards.[4] Rudolf Eislers 1912 erschienenes Philosophenlexikon wird als jüngste historiographische Darstellung angesehen. Eisler wollte wie seine Vorgänger "...Systeme, Lehren, Standpunkte in ihrem eigenen Zusammenhange..." darstellen.[5]

Jakob Brucker gliederte den Kanon der Philosophie aus der theologischen Geschichtsbetrachtung aus. Er teilte die Geschichte der Philosophie in drei große Epochen ein, die Christian Thomasius und andere in Halle und Jena ausgearbeitet hatten und die noch heute gelten. 1. Die Zeit vor dem römischen Imperium. 2. Die Zeit vom Beginn des römischen Imperiums bis zum Beginn der italienischen Renaissance. 3. Die Zeit von der italienischen Renaissance bis zur Gegenwart.[6] Tennemann hatte philosophische Standards verwendet, die dem Bedürfnis nach einer von ihrem Gegenstand und von ihren Methoden bestimmten philosophischen Wissenschaft entsprachen. Die Gegenstände der Philosophie waren zum einen das, was die Welt im innersten zusammenhält - die Metaphysik -, zum anderen die Natur - Naturwissenschaft - und der Mensch - Ethik und Ästhetik. Die Methode war das vernunftgerechte Philosophieren.[7]

Philosophierende Darstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das neuzeitliche philosophiegeschichtliche Programm knüpfte an das mittelalterliche der philosophia perennis an, das bis heute säkular geläutert als Entwicklungsidee und Ideen- bzw. Problemgeschichte konzeptionelle Gültigkeit für philosophiegeschichtliche Forschungen und Darstellungen hat. Tennemanns philosophiehistorisches Projekt präsentierte die Ideen in einem 'treuen Gemälde' ihrer Zeit, mit dem er die Geschichte der Vernunft umfassend beschreibbar machen wollte. Niemand hat heute vergleichbare Ansprüche.[8] Die Idee einer geschichtlichen Weiterentwicklung von Lösungen philosophischer Probleme aber blieb.[9] Eine der bekanntesten 'von der sich fortschreitenden Entfaltung der Vernunft' dürfte Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu verdanken sein.[10] Martin Heideggers Auffassung vom Verschwinden des Seins in der Zeit thematisiert eine Umkehrung dieser Idee. Diese Aspekte zusammen finden sich seit ungefähr 200 Jahren in den meisten deutschen Darstellungen der Philosophiegeschichte, die sich als "philosophierende Geschichten der Philosophie" bezeichnen.[11] Forscher sehen darin den Ansatz, der in der Gegenwart für die Philosophie zum Problem geworden ist. Die 'philosophierenden Philosophiegeschichten' machten aus der Philosophie einen Gegenstand der Gelehrsamkeit. Durch Lektüre erwirbt man seit dem 18.Jahrhundert philosophische Bildung. Gelehrt und gelernt wird das, was andere dachten und denken. Die Tätigkeit des eigenständigen Philosophierens wird so aus dem akademischen Fach Philosophie weitgehend verbannt. Die Philosophiegeschichte allein ist der Rahmen innerhalb dessen Philosophie betrieben und innerhalb dessen entschieden wird, was Philosophie sei.[12]

Gegenwärtiger Forschungsstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Philosophiegeschichte wird mehrheitlich als Entwicklung der Vernunft, des Denkens, der Begriffe, der Probleme in der Philosophie aufgefasst und die Beschäftigung mit Philosophiegeschichte gehört zum Philosophieren. Gegenwärtige Lösungen werden im Hinblick auf vergangene betrachtet und mit bereits vorhandenen Instrumenten (Begriffe, Logik ... etc.) bewertet.[13] Dieser Umgang mit der Geschichte der Philosophie ist das Ergebnis einer philosophiegeschichtlichen Betrachtungsweise, wie sie u.a. Tennemann, Kant und Hegel initiiert haben. Die Probleme, die sich aus dem Entwicklungsgedanken für die Philosophie ergeben, werden seit einiger Zeit in der gegenwärtigen Philosophie diskutiert.[14] Diese Probleme entstehen, weil die bisherige Geschichte der Philosophie einerseits in "Interpretationen von Interpretationen" besteht, andererseits aber mit dem Geltungsanspruch auftritt, das sich innerhalb dieser Geschichte etwas Zeitloses entfalte, das philosophierend erfasst werden könne.[15] Der Geltungsanspruch ist ein weiteres Ergebnis der Philosophiegeschichte. Bis ins 18. Jahrhundert hinein galt die christlich-theologische Auffassung, dass die ersten Philosophen Adam und Eva gewesen seien, Philosophie also ein Geschenk Gottes sei. Im Zuge der Lösung der Philosophie von der Theologie wurde der Ursprung der Geschichte der Philosophie nach Griechenland verlegt. "An dessen Erforschung und Darstellung arbeiteten dann, ausgehend von Johann Jacob Bruckers Historia critica philosophiae, die großen deutschen philosophiehistorischen Synthesen des 18. und 19. Jahrhunderts und arbeiten noch heute die modernen philosophiehisotirsche Forschung und Erzählung."[16] Es gibt die Idee, Gedanken toter Philosophen sprachlich im Zusammenhang mit Weltbildern ihrer Zeit zu rekonstruieren, um sie für die Gegenwart plausibel zu machen, und damit auch den Vorausetzungen des gegenwärtigen philosophischen Diskurses auf die Spur zu kommen. Die Umsetzung dieser Idee steckt noch in den Anfängen.[17]

Darstellungen der Geschichte der Philosophie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Archiv für Geschichte der Philosophie. Berlin (Gruyter) 1908. Vols. 1-23 (1888-1910) include "Jahresberichte über sämtliche Erscheinungen auf dem Gebiete der Geschichte der Philosophie"; v.24-41 include section "Die neuesten Erscheinungen auf dem Gebiete der Geschichte der Philosophie" (varies slightly).
  • Christoph Asmuth: Interpretation Transformation. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht)2006. Google-Buch
  • Franz Clemens Brentano: Geschichte der Philosophie der Neuzeit. Hg. v. Klaus Hedwig. Hamburg (Meiner) 1987. Google-Buch
  • Miodrag Cekic: Philosophie der Philosophiegeschichte von Rothacker bis Heidegger. In: Anna-Teresy Tymnieniecka (ed.): Analecta Husserliana Vol. XLVIII, 477-494. Kluwer Academic Publishers. Netherlands. 1996. S. 477ff. Google-Buch
  • Andreas Cesana: Geschichte als Entwicklung? Zur Kritik des geschichtsphilosophischen Entwicklungsdenkens. Berlin (Gruyter) 1988. Google-Buch
  • Kurt Flasch: Philosophie hat Geschichte: Historische Philosophie, Beschreibung einer Denkart. Frankfurt am Main (Klostermann) 2003. Google-Buch.
  • Henning Ottman (Hg.): Hegel und die Geschichte der Philosophie. Hegeljahrbuch 1997, Bd.1. Berlin (Akademie) 1998.Google-Buch
  • Johann Gottfried von Herder: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit: Beytrag zu vielen Beiträgen des Jahrhunderts. 1774. Google-Buch
  • Conrad Hermann: Philosophie der Geschichte. Leipzig (Fleischer) 1870. Google-Buch
  • Vittorio Hösle: Philosophiegeschichte und objektiver Idealismus. München (Beck), 1996.Google-Buch
  • Riccardo Pozzo & Marco Sgarbi (Hg): Eine Typologie der Formen der Begriffsgeschichte. Hamburg (Meiner) 2010. Google-Buch
  • Friedrich von Schlegel: Philosophie der Geschichte: in achtzehn Vorlesungen gehalten zu Wien im Jahre 1828. Wien (Schaumburg & Compagnie) 1829. Google-Buch
  • Wilhelm Schmidt-Biggemann & Theo Stammen: Jacob Brucker (1696-1770): Philosoph und Historiker der europäischen Aufklärung. Berlin (Akademie) 1998. Google-Buch
  • Ulrich Johannes Schneider: Die Vergangenheit des Geistes. Eine Archäologie der Philosophiegeschichte. Frankfurt am Main (Suhrkamp)1990.
  • Helmut Zedelmaier: Der Anfang der Geschichte: Studien zur Ursprungsdebatte im 18. Jahrhundert. Hamburg (Meiner) 2003. Google-Buch

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eberhard Orthbandt: Geschichte der großen Philosophen und des philosophischen Denkens. Hanau 1985, Seiten 9 - 116.
  2. Vgl. auch die so konzipierte Veröffentlichung von Wilhelm Traugott Krug: Geschichte der Philosophie alter Zeit vornehmlich unter Griechen und Römern. Leipzig (Fleischer der Jüngere) 1815, S.10. Google-Buch
  3. Philosophisches Wissen war aus Bruckers Sicht Teil des kulturellen Wissens einer Gesellschaft, das einzelne Philosophen hervorgebracht hatten. Vgl. Kurt Flasch: Brucker und die Philosophie des Mittelalters. In: Wilhelm Schmidt-Biggemann & Theo Stammen (Hg.): Jacob Brucker (1696 - 1770): Philosoph und Historiker der europäischen Aufklärung. Berlin (Akademie) 1998, S.189.Google-Buch
  4. Tennemann betrachtete die Geschichte der Philosophie bereits unter dem Entwicklungsgedanken und verstand sie als eine den einzelnen Philosophien übergeordnete Geschichte der Vernunft. Vgl. Wilhelm Gottlieb Tennemann: Grundriss der Geschichte der Philosophie für den akademischen Unterricht. Leipzig 1892, S. 2ff. [1]
  5. Rudolf Eisler: Philosophenlexikon. Berlin 1912, S. |1. Vorwort
  6. Wilhelm Schmidt-Biggemann: Jakob Bruckers philosophiegeschichtliches Konzept. In: Wilhelm Schmidt-Biggemann & Theo Stammen: Jacob Brucker (1696-1770): Philosoph und Historiker der europäischen Aufklärung. Berlin (Akademie) 1998, S.134. Google-Buch
  7. Wilhelm Gottlieb Tennemann: Grundriss der Geschichte der Philosophie für den akademischen Unterricht. Dritte Bearbeitung von Amadeus Wendt. Leipzig (Barth) 1829, S. 2f.
  8. Vgl.Ulrich Johannes Schneider: Die Vergangenheit des Geistes. Eine Archäologie der Philosophiegeschichte. Frankfurt am Main (Suhrkamp)1990, S.10f.
  9. Vgl. dazu Helmut Zedelmaier: Der Anfang der Geschichte: Studien zur Ursprungsdebatte im 18. Jahrhundert. Hamburg (Meiner) 2003.
  10. Vgl. Rolf-Peter Horstmann: Selbsterkenntnis der Vernunft. Zu Hegels Verständnis von Philosophiegeschichte. In: Henning Ottmann: Hegel und die Geschichte der Philosophie Band 1. Berlin 1998, S.46ff.
  11. Vgl. Wolfgang Röd: Der Weg der Philosophie von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Band 1. München 2000, S.15f: Man dürfe sich "… nicht darauf beschränken, überlieferte Thesen und Argumente wiederzugeben, Texte philologisch zu analysieren und philosophische Postionen in weitere kulturelle Zusammenhäge einzuordnen, sondern man muss sich mit dem überlieferten Denken auseinandersetzen, um zu den Problemen als solchen vorzudringen. Nur so kann man Kants Forderung nach einer 'philosophierenden Geschichte der Philosophie' erfüllen."
  12. Vgl.Ulrich Johannes Schneider: Die Vergangenheit des Geistes. Eine Archäologie der Philosophiegeschichte. Frankfurt am Main (Suhrkamp)1990, S.12-14.
  13. Vgl. Z.B. Wolfgang Röd: Der Weg der Philosophie von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Band 1. München (Becksche Reihe) 2000, S.15f.
  14. Die Philosophie ist "... eine nahezu unreflektierte Geisteswissenschaft."Ulrich Johannes Schneider: Theorie und Praxis der Philosophiegeschichte revidiert. In Zeitschrift für philosophische Forschung, Frankfurt am Main (Vittorio Klostermann) 1988,Bd. 42, H. 4, p. 666. U.a. auch Kurt Flasch: Kampfplätze der Philosophie: Große Kontroversen von Augustin bis Voltaire. Frankfurt am Main (Vittorio Klostermann) 2008, S. 7-10; Pirmin Stekeler Weithofer: Philosophiegeschichte. Berlin (de Gryter) 2006; Emil Angehrn: Wege des Verstehens: Hermeneutik und Geschichtsdenken. Würzburg (Könighausen & Neumann) 2008. S.111-134.
  15. Vgl. Christoph Asmuth: Interpretation Transformation. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2006, S. 9-22.
  16. Helmut Zedelmaier. Der Anfang der Geschichte: Studien zur Ursprungsdebatte im 18. Jahrhundert. Hamburg (Meiner) 2003, S. 61.
  17. Vgl.Richard Rorty:The Historiography of Philosophy: four genres. In Rorty & Schneewind & Skinner(Hg.:)Phylosophy in history: essays on the historiography of philosophy. Cambridge University Press (United Kingdom)1984, pp. 49 -76. Goggle Buch