Diskussion:Quadragesimo anno

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Letzter Kommentar: vor 3 Jahren von Thomas Ottermann in Abschnitt Einseitig verzerrtes Urteil in der Artikeleinleitung
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Übersetzung[Quelltext bearbeiten]

Ich habe das Lemma Quadragesimo anno doch am 9. Februar schonmal richtig übersetzt. Anscheinend hat jemand seine Latein-Hausaufgaben nicht gemacht. Deshalb nochmal ganz langsam:
quadragesimus heißt der vierzigste. Deshalb heißt Quadragesimo anno (Abl. temp.) eben _nicht_ "Vierzig Jahre" (das hieße quadraginta anni), sondern "im vierzigsten Jahr". --Sarazyn ▒☼▒ 17:48, 13. Mär 2006 (CET)

Einseitig verzerrtes Urteil in der Artikeleinleitung[Quelltext bearbeiten]

Der erst in jüngerer Zeit in die Einleitung des Artikels gerückte Absatz über die Rezeption der Enzyklika durch Josef Pieper, der „bereits 1934 auf Gemeinsamkeiten zwischen der Enzyklika Quadragesimo anno und den sozialen Vorstellungen der Nationalsozialisten“ hingewiesen habe, insinuiert, insbesondere in Verbindung mit dessen Zitat über die angeblich „sehr weitreichenden, in einzelnen Punkten erstaunlichen Übereinstimmungen zwischen dem Richtbild der Enzyklika und den sozialpolitischen Zielen und Verwirklichungen (!) des nationalsozialistischen Staates“, eine gedankliche Nähe der Enzyklika zum Nationalsozialismus und sucht diesem Urteil durch die Stellung in der Einleitung und die Wendung „bereits 1934“ gleichsam bleibende Gültigkeit bis in die Gegenwart zu verleihen. Der geneigte Leser erfährt in der bestehenden Einleitung über die Bedeutung des Artikelgegenstand ohnehin nicht viel – dass es sich um eine Entfaltung der katholischen Soziallehre handelt, den Versuch, im historischen Kontext der Weltwirtschaftskrise die soziale Frage durch eine ethische Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft zu lösen, fehlt an dieser Stelle völlig –; was bleibt, ist hier vor dem unbefangenen Leser eine Desavouierung des Textes an prominenter Stelle und damit auch seines Hauptautors Oswald von Nell-Breuning, der, nebenbei bemerkt, von den Nationalsozialisten mit Publikationsverbot und Zuchthausstrafe belegt wurde.

Bei dem vorliegenden Pieperzitat [1] (Seite 203, §336) handelt es sich um ein Sekundärzitat aus dem Werk Deschners, auf den auch das Ausrufezeichen hinter dem Wort von den „Verwirklichungen“ [des nationalsozialistischen Staates] zurückgeht – siehe: nicht nur im gedanklichen Richtbild besteht Einmütigkeit zwischen Kirche und Nationalsozialismus, sondern auch in den Mitteln und Methoden, diese Ziele durchzusetzen. Nun scheint Deschner, immer schnell bei der Hand, tatsächliche oder vermeintliche faschistische Tendenzen der Kirche auszuwittern, ein wenig objektiver Ratgeber zur sachlichen Beurteilung der Enzyklika im Rahmen einer Artikeleinleitung. Tatsächlich geht es ihm mit dem in Rede stehenden Zitat darum, Pieper als einen der vielen Intellektuellen, die dem Banne des Nationalsozialismus verfallen seien, zu entlarven. An der Ehrenrettung Piepers mögen sich andere versuchen (so etwa Berthold Wald in „Der ‚linke Pieper‘ und das Dritte Reich [2]). Wenn wir Deschner ernst nehmen, dann ist Pieper ein Nazi, der versucht, „katholischen Christen außerhalb der NSDAP“ eine „Brücke“ in den Nationalsozialismus zu schlagen. So bemerken bereits die Literaturhinweise des vorliegenden Artikels Piepers „stark positive Interpretation der Gesellschaftslehre der NSDAP“. Dabei kreisen die von Pieper behaupteten „sehr weitreichenden“ und „erstaunlichen Übereinstimmungen“ im Wesentlichen um die beiderseitige Ablehnung marxistischen Klassenkampfes und der „sozialen Reaktion“, den Wunsch nach einem starken Staat und die sogenannte „berufsständische Ordnung“, ein Begriff, der bereits ausweislich des vorliegenden Artikels „Anlass zu vielen Missverständnissen gegeben“ habe, denen hier offensichtlich auch Pieper unterliegt. Orbiter dictum: Diese Aussage benötigte durchaus eine Entfaltung hinsichtlich der Quelle und Art der Missverständnisse, vgl. hierzu [3]. Pieper selbst sieht sich genötigt, den Vorwurf abzuleugnen, er bausche „irgendwelche äußerlichen Ähnlichkeiten [sc. zwischen Quadragesimo anno und nationalsozialistischer Ideologie] unsachlich auf“. Wie sich allerdings der Grundgedanke des Subsidiaritätsprinzips aus der Enzyklika zu dem totalitaristischen Anspruch des nationalsozialistischen Staates fügt, vermag er hier nicht aufzulösen.

Dass Pieper in Fortführung des in Rede stehenden Zitats die Katholiken innerhalb der NSDAP aufruft, die Partei von innen heraus zu christianisieren, belegt bestenfalls seine politische Naivität, auf die Entwicklung nationalsozialistischer Sozialpolitik in seinem Sinne Einfluss nehmen zu können. Bereits im Jahr des Erscheinens zieht er seine Schrift unter dem Eindruck der tatsächlichen Verwirklichung (!) nationalsozialistischer Gewaltherrschaft gleichsam zurück, indem er eine Neuauflage der schnell vergriffenen Erstausgabe nicht mehr genehmigt.

Ob Pieper nun Nazi war oder einfach nur naiv-verblendet irrt, ist er nicht der Gewährsmann, der mit dem vorliegenden Zitat für ein gültiges Urteil über die Enzyklika bürgen könnte. Ich werde die in Rede stehende Passage aus der Einleitung herausnehmen. Wer mag, kann Piepers Vorstellungen in einem noch zu erstellenden Abschnitt „Rezeption“ verarbeiten. In diese Reihe gehörten dann auch noch Mussolini und Dollfuß, die ebenfalls Teile der Enzyklika, die ihnen passten, für sich reklamierten. Andererseits berief sich Roosevelt zur gedanklichen Unterfütterung seines New Deal umfangreich auf Quadragesimo anno. Wichtiger noch wären Informationen zur Wirkungsgeschichte der Enzyklika, sowohl innerkirchlich als wesentlicher Entwicklungsschritt in einer Reihe weiterer Sozialenzykliken wie Mater et magistra, Populorum Progression, Laborem exercens und Centesimus annus, als auch gesellschaftlich etwa mit dem Eingang des Subsidiaritätsgedankens und der Sozialbindung des Eigentums in das Grundgesetz.

All dies belegt, dass die Artikeleinleitung, die Quadragesimo anno so unvermittelt ins nationalsozialistische Gedankengut rücken möchte, in ihrem Urteil historisch unredlich und inhaltlich engführend verfährt, sodass sich dem interessierten Leser ein völlig verzerrtes Bild bietet, das Intention und Bedeutung der Enzyklika an keiner Stelle gerecht wird.--Thomas Ottermann (Diskussion) 03:02, 21. Aug. 2020 (CEST)Beantworten