Einheitsverpackung

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Mit der sogenannten Einheitsverpackung, neutralen Verpackung oder standardisierten Verpackung, auf Englisch Plain packaging, wird eine weitere Stufe der Eindämmung des Tabakmarketings im Rahmen von Anti-Raucher-Gesetzen bezeichnet, die Standardisierung von Tabakproduktverpackungen.

Zigarettenautomat in Belgien (April 2020)

Auf spezifische Markenelemente wie Logos oder Schriftzüge wird dabei verzichtet; Schriftart, Schriftgröße und Packungsgrundlage werden vereinheitlicht.

Damit würde die Attraktivität der einzelnen Schachteln deutlich verringert, die Suggestivwirkung von Farbwahl und Design unterlaufen und mehr Raum geschaffen für die Vermittlung von gesundheitsrelevantem Wissen. Es kann außerdem davon ausgegangen werden, dass Warnhinweise dann besser wahrgenommen würden.[1]

Die Einheitsverpackung limitiert auch die Verwendung von Tabakverpackungen als Werbemittel, würde irreführende Etikettierungen reduzieren und wäre daher ein wichtiges Mittel zur Verringerung der Nachfrage.[2]

Anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai 2016 riefen die Weltgesundheitsorganisation und das Sekretariat der Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (WHO Framework Convention on Tobacco Control) die Länder dazu auf, sich auf die Einführung von Einheitsverpackungen für Tabakprodukte vorzubereiten.[3]

Die Sprecherin der Europäischen Kommission erklärte, dass Einheitsverpackungen keine wirtschaftliche Belastung für die europäische Wirtschaft darstellten, da mögliche Verluste der Tabakindustrie oder niedrigere Steuereinnahmen gegen die Kosten aufgerechnet werden könnten, welche die Behandlung von tabakbedingten Krankheiten verursache.[4]

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kinder und Jugendliche werden von Einheitspackungen mit Schockbildern davon abgehalten, mit dem Rauchen anzufangen. Das belegen Studien, vor allem aus Australien.[5]

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einheitsverpackung ist bereits in acht Ländern in Kraft, in 14 Ländern beschlossen (Stand 2019) und in mehreren anderen Ländern in der Diskussion.[6]

Einheitsverpackung in der Welt:
  • Einheitsverpackung
  • Einheitsverpackung geplant
  • Australien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Seit Ende 2012 dürfen die Hersteller in Australien nur noch olivgrüne Einheitsverpackungen – bedruckt mit den bereits üblichen Schockfotos und Warnhinweisen – in den Handel bringen. Man folgt damit einer Empfehlung der WHO.[7]

    Belgien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In Belgien sind seit dem 1. Januar 2021 nur Einheitsverpackungen im Handel zugelassen.[8]

    Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Frankreich (inkl. Übersee-Départements) lässt seit dem 1. Januar 2017 nur Einheitsverpackungen im Handel zu. Die neuen Packungen sind, wie in Australien, in einem fahlen bräunlichen Grünton (Pantone 448 C) gehalten.[9]

    Frankreich ist somit nach Australien das zweite Land, und auch das erste in der Europäischen Union, das Markenzeichen auf Zigarettenpackungen verbietet. Die Verpflichtung zu neutralen Packungen war Teil einer umstrittenen Gesundheitsreform von Gesundheitsministerin Marisol Touraine.[10]

    Irland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Irland lässt seit dem 30. September 2018 nur Einheitsverpackungen im Handel zu.[11]

    Kanada[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Seit dem 7. Februar 2020 dürfen Tabakprodukte in Kanada nur noch in Einheitsverpackung verkauft werden. Die Packungsoberfläche ist zu 80 Prozent aus Warnhinweisen bedeckt, auf den restlichen 20 Prozent werden Marke und Sorte in weißer, neutraler Schrift angegeben. Bis 2021 soll auch die Einheitsgröße (25 Zigaretten pro Packung) eingeführt werden.[12]

    Neuseeland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In Neuseeland dürfen seit dem 6. Juni 2018 nur mehr Einheitsverpackungen verkauft werden.[13]

    Niederlande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In den Niederlanden werden seit dem 1. Oktober 2020 Zigaretten und Tabak in bräunlichen (Pantone 448 C) Einheitsverpackungen produziert und vertrieben. Restbestände dürfen noch abverkauft werden.[14][15][16]

    Norwegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In Norwegen dürfen seit dem 1. Juli 2017 nur noch Einheitsverpackungen produziert werden, und seit dem 1. Juli 2018 verkauft werden.[17]

    Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die von Nationalrat Pierre-Alain Fridez (SP) am 26. September 2014 eingereichte Motion 14.3993 zur Vereinheitlichung der Aufmachung der Zigarettenpäckchen wurde vom Nationalrat am 29. September 2016 – nachdem der Bundesrat am 5. Dezember 2014 die Ablehnung beantragte – mit 53 zu 139 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.[18]

    Slowenien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Slowenien lässt ab 2020 nur Einheitsverpackungen im Handel zu.[19]

    Türkei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die Türkei lässt seit dem 5. Januar 2020 nur Einheitsverpackungen im Handel zu.[20] Die Regierung führt seit Jahren einen Kampf gegen den Tabak, der vor allem durch die Abneigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan befeuert wird. Von ihm ist bekannt, dass er das Zigarettenrauchen so sehr ablehnt, dass er schon mal rauchende Passanten, die seinen Weg kreuzen, zurecht weist.[21]

    Ungarn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Ungarn kündigte zunächst an, ab dem 20. Mai 2019 nur noch Einheitsverpackungen im Handel zulassen.[22] Die Frist wurde mittlerweile auf den 1. Januar 2022 verschoben.[23]

    Vereinigtes Königreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Das Vereinigte Königreich lässt seit dem 21. Mai 2017 nur Einheitsverpackungen im Handel zu.

    Einheitsverpackung in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Im europäischen Vergleich der Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums belegt Deutschland den letzten Platz. Erfolgreiche Einflussnahmen der Tabaklobby und ungenügende Entschlossenheit seitens der Politik gelten als die Hauptursachen dafür, und dies, obwohl Tabakrauchen als der größte vermeidbare Krebsrisikofaktor gilt.[24][25]

    Einheitsverpackung und EU-Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfiehlt im Rahmen der Überarbeitung der europäischen Tabakprodukt-Richtlinie 2001/37/EG[26] die Durchsetzung einer EU-weiten Standardisierung der Verpackungen.[1] Damit ist die Vereinheitlichung des Designs aller Tabakproduktmarken gemeint. Am 3. April 2014 wurde die neue Richtlinie 2014/40/EU[27] von der Europäischen Kommission verabschiedet. Diese schreibt vor, dass Zigarettenverpackungen und andere Verpackungen von Tabakprodukten nun mit einem Warnhinweis, der 65 % der gesamten Packung einnimmt, gekennzeichnet werden müssen. Sie stellt es jedoch den Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei, über diese Anforderung hinauszugehen und eine Einheitsverpackung einzuführen. Von diesem Ermessen haben bisher Frankreich, Ungarn[28] und Irland sowie das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien[29] Gebrauch gemacht. Daraufhin hat Philip Morris geklagt und ein britisches Gericht hat den Streit dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.[30]

    Die Richtlinie 2014/40/EU wird in Deutschland durch das Tabakerzeugnisgesetz umgesetzt.

    Trotz diverser Bedenken, ob die Maßnahme nicht zu paternalistisch sei, zur staatlichen Bevormundung führe und gegen Grundrechte verstoße, halten Rechtswissenschaftler die Einführung von Einheitsverpackungen in der EU für vereinbar mit der EU-Grundrechtecharta[31] und dem deutschen Grundgesetz.[32]

    Einheitsverpackung und Welthandelsorganisation (WTO)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Der Verkauf von Zigaretten ausschließlich in Einheitsverpackungen verstößt nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) nicht gegen internationale Handelsregeln. 2018 kamen Streitschlichter der WTO zu diesem Schluss. Vier Länder (IndonesienHonduras, die Dominikanische Republik und Kuba) hatten gegen Australien geklagt, das im Jahr 2012 als erstes Land der Welt solche Verpackungen eingeführt hatte, um gegen das Rauchen vorzugehen.[33]

    Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. a b Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.): Verbesserung des Jugend- und Verbraucherschutzes durch die Überarbeitung der europäischen Tabakprodukt-Richtlinie 2001/37/EG (PDF; 2,3 MB), Heidelberg 2010.
    2. Reuters: Australia’s plain cigarette packs get more support than expected.
    3. WHO: World No Tobacco Day, 31 May 2016: Get ready for plain packaging.
    4. Sarantis Michalopoulos: EU-Kommission: Einheitsverpackungen für Zigaretten schaden Wirtschaft nicht. In: euractiv.com. 30. August 2017, abgerufen am 12. September 2019 (deutsch).
    5. Norwegen macht die Zigaretten braun. In: Die Zeit. 1. Juli 2017, abgerufen am 15. Juni 2020.
    6. Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.): Tobacco Plain Packaging. 2018, abgerufen am 18. Juli 2019.
    7. Wie heilsam sind Schockfotos für Raucher?. Frankfurter Rundschau vom 8. Okt. 2013.
    8. Guillaume Barkhuysen: Grand changement en vue pour les fumeurs: Maggie De Block annonce que le paquet neutre arrivera le 1er janvier 2020!. In: sudinfo.be, 12. Februar 2019, abgerufen am 18. Juli 2019.
    9. Blick: Gesundheit: Einheitsverpackung für Zigaretten in Großbritannien und Frankreich.
    10. Der Standard: Frankreich verbietet Markenlogos auf Zigarettenpackerln.
    11. Irish Times: Plain packaging for cigarettes to begin in September.
    12. Kanada führt Plain Packaging ein. Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, 2. Mai 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. November 2019; abgerufen am 12. November 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/portal.at-schweiz.ch
    13. New Zealand Ministry of Health: plain-packaging Tobacco standardised packaging
    14. Welzijn en Sport Ministerie van Volksgezondheid: Alle sigaretten en shag vanaf 1 oktober in donkergroen-bruine verpakking – Nieuwsbericht – Rijksoverheid.nl. 29. September 2020, abgerufen am 15. Oktober 2020 (niederländisch).
    15. Dutch get tougher on tobacco, bring in plain packaging next year
    16. Tobacco industry also pulling strings within the EU@1@2Vorlage:Toter Link/www.stichtingrookpreventiejeugd.nl (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
    17. Regjeringen.no: Reklamefrie tobakkspakninger fra 1. juli 2017
    18. Geschäft und Abstimmung der Motion 14.3993. In: parlament.ch. Abgerufen am 25. Dezember 2018.
    19. Reuters: Slovenia passes law enforcing plain tobacco packaging from 2020
    20. Turkey moves to plain packaging for tobacco products
    21. Einheitsverpackung für Zigaretten in der Türkei eingeführt
    22. World Health Organization (WHO): Hungary: Larger pictorial warnings and plain packaging required by the new Government Decree
    23. magyaridok.hu
    24. tagesschau.de
    25. aerzteblatt.de
    26. Richtlinie 2001/37/EG
    27. Richtlinie 2014/40/EU. In: EUR-Lex.
    28. Hungary: Larger pictorial warnings and plain packaging required by the new Government Decree.
    29. Einheitsverpackung für Zigaretten in Großbritannien und Frankreich.
    30. Tobacco giants win right to challenge EU Bill.
    31. Shmatenko, Einheitsverpackungen von Tabakerzeugnissen und die Charta der Grundrechte der EU, ZfRV 2014, 4.
    32. Die Verfassungsmäßigkeit von Einheitsverpackungen (Plain Packaging) bei Zigaretten, von Wiss. Mit. Dipl.-Jur. Leonid Shmatenko.
    33. WTO:Vorschriften über einheitliche Zigarettenschachteln sind legal