Emily Oster

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Emily Oster, 2021

Emily Fair Oster (* 14. Februar 1980 in New Haven, Connecticut[1]) ist eine US-amerikanische Ökonomin und Bestseller-Autorin.[2] Nach dem Studium in Harvard, das sie mit einem B. A. (2002) und einem Ph.D. (2006) in Wirtschaftswissenschaft abschloss, unterrichtete sie zunächst an der University of Chicago Booth School of Business[3] und später an der Brown University, wo sie Professorin für Wirtschaft ist.[4] Der Schwerpunkt ihrer Forschung liegt auf ökonomischen Themen in Entwicklungsländern und auf Gesundheitsökonomie sowie auf Forschungsdesign und Methodik. Durch ihre beiden Bücher Das einzig wahre Schwangerschafts-Handbuch (engl.: Expecting Better) und Das einzig wahre Babyhandbuch (engl.: Cribsheet), die sich mit Fragen der Schwangerschaft und der Erziehung von Kleinkindern auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten auseinandersetzen, sowie durch Beiträge in Zeitungen wie dem Wall Street Journal und der New York Times wurde sie einer breiteren Öffentlichkeit über ihr Fachgebiet hinaus bekannt.[5]

Oster ist die Tochter der beiden Wirtschaftswissenschaftler Sharon M. Oster und Ray C. Fair von der Yale University.[6] Als sie zwei Jahre alt war, bemerkten ihre Eltern, dass Emily mit sich selbst sprach, nachdem sie den Raum verlassen hatten. Sie nahmen diese Gespräche auf, um herauszufinden, was ihre Tochter sagte, und gaben die Aufnahmen einer befreundeten Linguistin und Psychologin. Eine Analyse ihrer Sprache ergab, dass diese viel komplexer war, wenn sie allein war, als wenn sie mit Erwachsenen interagierte. Dies führte dazu, dass Oster zum Thema mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten wurde, die 1989 alle zusammen unter dem Titel Narratives from the Crib veröffentlicht wurden.[7][8] Das Buch wurde 2006 mit einem Vorwort Emily Osters nachgedruckt.[9]

Sie ist seit 2006 mit dem Ökonomen Jesse Shapiro[10] verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Providence, Rhode Island.[11][12]

Beruflicher Werdegang und Forschung

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Osters Forschungsschwerpunkte sind die Wirtschaft der Entwicklungsländer und Gesundheitsökonomie.

2005 erhielt Oster von der Harvard University ihren Ph.D. in Wirtschaftswissenschaft. In ihrer Dissertation Hepatitis B and the Case of the Missing Women[13] zur Problematik der fehlenden Frauen vertrat sie die These, dass der ungewöhnlich hohe Männeranteil in China teilweise auf Hepatitis B zurückzuführen sei.[9] Ihre Befunde deuteten darauf hin, dass in Gegenden mit vielen Hepatitis-B-Erkrankungen überdurchschnittlich viele Jungen geboren werden. Oster argumentierte, dass Hepatitis B dazu beitragen können, dass Frauen mehr Jungen als Mädchen gebären würden und dass dies einen Großteil der fehlenden Frauen erklären würde. Amartya Sen hatte die Thematik der fehlenden Frauen erstmals 1990 in seinem Essay More Than 100 Million Women Are Missing[14] aufgegriffen und sie mit der gesellschaftlichen Diskriminierung von Frauen und Mädchen und ihrer Benachteiligung beim Zugang zu Gesundheitsleistungen, Bildung und Nahrungsmitteln erklärt. Oster hatte festgestellt, dass der Einsatz eines Hepatitis-B-Impfstoffs 1982 zu einem starken Rückgang des Jungen-Überschusses bei der Geburt geführt hatte.[9] 2008 veröffentlichte Oster ein Forschungspapier mit dem Titel Hepatitis B Does Not Explain Male-Biased Sex Ratios in China[15], in dem sie neue Daten analysierte und zu dem Schluss kam, dass ihre früheren Forschungsergebnisse falsch waren. Steven Levitt, Autor von Freakonomics, betrachtete dies als ein Zeichen ihrer Integrität.[16][17]

Bei einem TED Talk diskutierte Oster 2007 die Ausbreitung von AIDS in Afrika und untersuchte die Frage, warum viele afrikanische Männer ihr sexuelles Verhalten nur sehr langsam verändert haben, mithilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse.[18][19]

In seinem zweiten Buch SuperFreakonomics befasste sich Steve Levitt 2009 auch mit Osters Forschung zu Fernsehen und dem Empowerment von Frauen in Indien.[20]

Von 2009 bis 2014 unterrichtete Oster an der University of Chicago Booth School of Business.[3][21] Seit 2015 ist sie Professorin für Wirtschaft an der Brown University in Rhode Island.[22]

National COVID-19 School Response Dashboard

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Emily Oster war während der COVID-19-Pandemie eine der entschiedensten Befürworterinnen der Öffnung der Schulen und war eine der Initiatorinnen des "National COVID-19 School Response Dashboard", das Daten zur Verbreitung von COVID-19 in amerikanischen Schulen sammelt, auswertet und veröffentlicht.[23] Oster nahm an zahlreichen Diskussionen in den Medien zur Frage der Schulöffnungen teil und schrieb im Oktober 2020 einen viel zitierten Artikel mit dem Titel Schools Aren’t Super-Spreaders,[24] der in The Atlantic erschien und große Resonanz bei der Presse fand.[25][26] Die damalige amerikanische Bildungsministerin Betsy DeVos und die Centers for Disease Control und Prevention führten Osters Forschung als einen der Gründe für die Wiedereröffnung der Schulen während der Pandemie an.[27][28][29] Kritiker des Dashboards sind jedoch der Ansicht, dass methodische Probleme seinen Nutzen beeinträchtigen.[30]

In ihrem ersten Buch Das einzig wahre Schwangerschafts-Handbuch (engl.: Expecting Better), das 2013 erschien, setzte sich Oster mit den Daten auseinander, die den gängigen Regeln zum Verhalten während der Schwangerschaft zugrunde liegen, und argumentiert, dass viele davon irreführend seien.[31] So gebe es keine Belege dafür, dass der Konsum von geringen Mengen an Alkohol während der Schwangerschaft negative Auswirkungen auf den Fötus habe.[32] Diese Aussage wurde jedoch von der National Organization on Fetal Alcohol Syndrome[33] und anderen scharf kritisiert.[34] Bis März 2019 waren mehr als 100 000 Exemplare der englischen Ausgabe verkauft worden.[35]

Ihr zweites Buch Das einzig wahre Babyhandbuch (engl.: Cribsheet) erschien 2019 und stand auf der Bestsellerliste der New York Times.[36][37][38] Darin analysierte Oster die Forschungsergebnisse zu Themen rund um Babys und Kleinkinder, darunter Stillen, Regeln für sicheren Schlaf, Schlaftraining und Toilettentraining.[39][40] Von der Kritik wurde das Buch überwiegend positiv aufgenommen.[41][42][43] In der letzten Aprilwoche 2019 war Cribsheet der Washington Post zufolge zudem das meistverkaufte Buch in Washington, D.C.[44]

Osters drittes Buch, The Family Firm, erschien 2021 und befasst sich ebenfalls auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten mit der Erziehung von Schulkindern.[45]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Expecting Better, 2013 (deutsch: Das einzig wahre Schwangerschafts-Handbuch. Piper, München 2020, ISBN 978-3-492-31663-7).
  • Cribsheet (2019) (deutsch: Das einzig wahre Baby-Handbuch. Piper, München 2020, ISBN 978-3-492-31664-4).
  • The Family Firm. A Data-Driven Guide to Better Decision Making in the Early School Years. Souvenir Press, London 2021, ISBN 978-178816585-3.

Einzelnachweise

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  1. David A. Dieterle: Economics: The Definitive Encyclopedia from Theory to Practice [4 volumes]. ABC-CLIO, 2017, ISBN 978-0-313-39708-0, S. 257 (englisch, google.com).
  2. Jaime Green: Is This the Millennial Parent Book? In: The Cut. 23. April 2019, abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  3. a b Emily Oster | Watson Institute. In: Watson Institute for International and Public Affairs. Abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  4. Friedman, Oster and Shapiro join Brown Economics Department | Economics Department at Brown University. In: www.brown.edu. Abgerufen am 4. Mai 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. Catherine Saint Louis: Pregnant, and Disputing the Doctor. In: The New York Times. 19. August 2013, abgerufen am 4. Mai 2019 (amerikanisches Englisch).
  6. Hermione Hoby: Drop the baby talk In: The Daily Telegraph, 20. August 2013. Abgerufen am 5. April 2019 (britisches Englisch). 
  7. Narratives from the Crib. In: Harvard University Press. Abgerufen am 26. Februar 2021.
  8. Narratives from the Crib – Katherine Nelson | Harvard University Press. In: www.hup.harvard.edu. Abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  9. a b c Stephen J. Dubner, Steven D. Levitt: The Search for 100 Million Missing Women. Slate, 2005, abgerufen am 15. Oktober 2006 (amerikanisches Englisch).
  10. Jesse Shapiro. University of Chicago, 2006, archiviert vom Original am 5. November 2006; abgerufen am 15. Oktober 2006 (amerikanisches Englisch).
  11. Emily Oster and Jesse Shapiro In: New York Times, 18. Juni 2006. Abgerufen am 31. Dezember 2007 (amerikanisches Englisch). 
  12. Emily Oster: Emily Oster: About. Abgerufen am 23. Februar 2021 (englisch).
  13. Hepatitis B and the Case of the Missing Women. Journal of Political Economy, 2005, archiviert vom Original am 3. Juli 2007; abgerufen am 1. August 2007 (amerikanisches Englisch).
  14. Sen, Amartya, "More Than 100 Million Womer Are Missing, The New York Review of Books, Vol.37 No. 20 More Than 100 Million Women Are Missing. Archiviert vom Original am 4. Mai 2013; abgerufen am 5. Mai 2013 (amerikanisches Englisch).
  15. Hepatitis B Does Not Explain Male-Biased Sex Ratios in China. 2008, archiviert vom Original am 18. Januar 2010; abgerufen am 21. Mai 2008 (amerikanisches Englisch).
  16. Steven D. Levitt: An Academic Does the Right Thing. In: Freakonomics: The hidden side of everything. 22. Mai 2008, abgerufen am 26. November 2012 (amerikanisches Englisch).
  17. Justin Lahart: Economist Scraps Hepatitis Theory On China's 'Missing Women'. In: WSJ. Abgerufen am 4. April 2019 (amerikanisches Englisch).
  18. Emily Oster: Flip your thinking on AIDS in Africa. In: TED. März 2007, abgerufen am 23. Februar 2021 (englisch).
  19. Laura Conway: Got A Riddle? Ask Economist Emily Oster. In: Planet Money: The economy explained. npr, 28. Juli 2009, abgerufen am 26. November 2012 (amerikanisches Englisch).
  20. Richard Robb: Extreme Economics. 18. November 2009, abgerufen am 4. April 2019 (amerikanisches Englisch).
  21. Emily Oster: Emily Oster CV. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 23. Februar 2021 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/emilyoster.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  22. Department of Economics - Faculty. In: Brown University. Abgerufen am 23. Februar 2021 (englisch).
  23. Brown University Professor Emily Oster and Qualtrics Partner with School Superintendents and Principals Associations to Launch the National COVID-19 School Response Dashboard. In: Qualtrics. Abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch).
  24. Emily Oster: Schools Aren’t Super-Spreaders Fears from the summer appear to have been overblown. In: The Atlantic. 9. Oktober 2020, abgerufen am 23. Februar 2021 (englisch).
  25. Dan McGowan McGowan: Meet the Brown University economist who argues that K-12 schools aren’t super-spreaders of the coronavirus. In: BostonGlobe.com. The Boston Globe, abgerufen am 2. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  26. Emily Oster: Opinion | What Parents Need to Know About School Coronavirus Case Data In: The New York Times, 28. September 2020. Abgerufen am 2. Februar 2021 (amerikanisches Englisch). 
  27. Betsy DeVos (@ProfEmilyOster, @BetsyDeVosE): Hilo. In: twitter.com. (spanisch): „“It’s now October. We are starting to get an evidence-based picture of how school reopenings and remote learning are going… the evidence is pointing in one direction. Schools do not, in fact, appear to be major spreaders of COVID-19.”“
  28. John Moore / Getty: Schools Aren’t Super-Spreaders. In: theatlantic.com. 9. Oktober 2020; (englisch).
  29. CDC director cites this website to back in-school learning. Its designer calls that 'bananas'. (interview with Emily Oster) | Watson Institute. In: Watson Institute for International and Public Affairs. Abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch).
  30. Rachel M. Cohen: Why Reopening Schools Has Become the Most Fraught Debate of the Pandemic. In: The American Prospect. 28. Oktober 2020, abgerufen am 2. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  31. Steven D. Levitt: Emily Oster Answers Your Pregnancy Questions. In: Freakonomics. 3. September 2013, abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  32. Emily Oster: 'No Alcohol' During Pregnancy Is Just Another Shame Battle in the Mommy Wars. In: Time. 21. Oktober 2015, abgerufen am 14. März 2016 (amerikanisches Englisch).
  33. Emily Oster's Alcohol and Pregnancy Advice is Deeply Flawed and Harmful. In: NOFAS. 16. August 2013, archiviert vom Original am 15. März 2018; abgerufen am 14. März 2016 (amerikanisches Englisch).
  34. The Conventional Pregnancy Wisdom is Right—Do NOT Drink while Pregnant. In: University of Washington. Abgerufen am 14. März 2016 (amerikanisches Englisch).
  35. Emily Oster on Instagram: "Guess what? #ExpectingBetter has officially sold over 100,00 copies! I’m so grateful and excited for the new journey to come with…" In: Instagram. Abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  36. The New York Times Best Sellers. In: The New York Times. 12. Mai 2019, abgerufen am 26. Februar 2021 (englisch).
  37. Adam Boretz: The Science of Parenting: PW Talks with Emily Oster. 18. Januar 2019, abgerufen am 4. April 2019 (amerikanisches Englisch).
  38. Emily Oster | Penguin Random House. In: PenguinRandomhouse.com. Abgerufen am 4. Mai 2019 (amerikanisches Englisch).
  39. Marisa LaScala: The Data Driven Parenting Book You Need. 23. April 2019, abgerufen am 24. April 2019 (amerikanisches Englisch).
  40. Jill Kimball: In 'Cribsheet,' a Brown economist debunks long-held parenting myths. In: Brown University. 23. April 2019, abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  41. Anne Lena Mösken: Expertin Emily Oster: „Es gibt viele vernünftige Wege, Kinder zu erziehen“. Berliner Zeitung, 12. Dezember 2020, abgerufen am 26. Februar 2021.
  42. Caroline Winter: Critic: The Guilt-Free, Data-Driven Guide to Parenting. In: Bloomberg. 25. April 2019, abgerufen am 26. Februar 2021 (englisch).
  43. Lizzie Widdicombe: Parenting by the Numbers. In: The New Yorker. 27. Mai 2019, abgerufen am 26. Februar 2021 (englisch).
  44. Washington bestsellers: Hardcover nonfiction. In: Washington Post. 28. April 2019, abgerufen am 4. Mai 2019 (amerikanisches Englisch).
  45. The Family Firm A Data-Driven Guide to Better Decision Making in the Early School Years. In: Penguin Random House. 2021, abgerufen am 26. Februar 2021 (englisch).