Kriegsstraßenbahnwagen

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Kriegsstraßenbahnwagen (KSW)
In Wien erhielten die Kriegsstraßenbahnwagen die Bezeichnung A, hier A 1 mit einem Beiwagen
In Wien erhielten die Kriegsstraßenbahnwagen die Bezeichnung A, hier A 1 mit einem Beiwagen
In Wien erhielten die Kriegsstraßenbahnwagen die Bezeichnung A, hier A 1 mit einem Beiwagen
Anzahl: 215 Tw, 368 Bw
Hersteller: Fuchs, Düwag, Siemens-SchuckertBBC, AEG
Baujahr(e): 1943–1950
Achsformel: Bo (Tw), 2 (Bw)
Bauart: zweiachsiger Zweirichtungswagen
Spurweite: 1435 / 1000 mm
Länge über Kupplung: 10.950 mm
Länge: 10.400 mm
Breite: 2163 mm
Gesamtradstand: 3.000 mm
Leermasse: 10.300 kg (Tw), 6.300 kg (Bw), 22.500 kg (Gw)
Stundenleistung: 120 kW
Treibraddurchmesser: 800 mm
Stromübertragung: Oberleitung
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Bauart Fahrstufenschalter: VNFB 3.85
Sitzplätze: 16 (Tw), 16 (Bw), 30 (Gw)
Stehplätze: 68 (Tw), 78 (Bw), 154 (Gw)

Der Kriegsstraßenbahnwagen (KSW) ist ein Straßenbahn-Einheitswagentyp. Im Zweiten Weltkrieg wurde 1942 aufgrund einer Intervention des Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition der Bau konventioneller Straßenbahnwagen eingestellt. Um gleichzeitig das steigende Fahrgastaufkommen zu bewältigen und Kriegsverluste zu beheben, wurde unter Leitung der Düsseldorfer Waggonfabrik ein stark vereinfachter Wagentyp konzipiert, dessen Herstellung weniger Material verbrauchte und der bei vermindertem Komfort mehr Fahrgäste transportieren konnte als die zu Friedenszeiten konzipierten Wagen.

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wagen 506 der Straßenbahn Augsburg
TW 7 der Straßenbahn Woltersdorf 1992 in Rostock, Betriebshof Hamburger Straße

Die KSW wiesen eine ähnliche Länge auf wie die typischen, im Deutschen Reich noch zu Friedenszeiten gebauten zweiachsigen Wagen. Durch eine Veränderung der Raumaufteilung konnte aber ein erstaunlich großes Fassungsvermögen von 89 Plätzen erreicht werden. Dies wurde möglich, indem man den Innenraum nur circa 4,3 Meter lang ausführte, die Gesamtlänge betrug 10,4 Meter bei einem Achsstand von 2,9 bis 3,0 Metern. Der Innenraum verfügte über drei Gruppen von je vier in Abteilform angeordneten Sitzen, es waren also an jeder Seitenwand sechs Sitze in Querrichtung angebracht. Somit konnten zwar nur zwölf Fahrgäste einen Sitzplatz finden, es wurden jedoch 77 Stehplätze möglich. Das Fehlen von inneren Trennwänden begünstigte den Fahrgaststrom und ermöglichte es, trotz der vielen Plätze akzeptable Aufenthaltszeiten an den Haltestellen zu erzielen. Eine breite Schiebetür an jeder Plattformseite ermöglichte ebenfalls einen schnellen Fahrgastwechsel.

Die Wagen wurden in späteren Jahren häufig modernisiert. Hierbei wurden beispielsweise Kleinspannungsanlagen, Druckluftbremsen, teilweise sogar automatische Türen nachgerüstet. Zum Teil wurden in den 1960er und 1970er Jahren die Triebwagen als Sichtkarten-Wagen ohne Schaffner eingesetzt, während der Beiwagen weiter mit einem Schaffner besetzt wurde, es gab aber auch schaffnerlose Beiwagen mit Fahrgastselbstbedienung. Ein kleiner Teil der Wagen wurde zu Gelenktriebwagen verschiedener Bauarten umgebaut, um dem Personalmangel dieser Zeit abzuhelfen.

Die Triebwagen besaßen im ursprünglichen Zustand ein Leergewicht von 10,4 Tonnen, die Beiwagen ein Gewicht von 6,5 Tonnen. In der Regel wurden die KSW von der Waggonfabrik Fuchs in Heidelberg geliefert, die Beiwagen baute die Uerdinger Waggonfabrik. Die elektrische Ausstattung stellte Siemens-Schuckert (SSW) und BBC. Alle Triebwagen erhielten dazu jeweils zwei Tatzlagermotoren à 60 kW. Die Trieb- und Beiwagen wurden entsprechend jeweils mit zwei Magnetschienenbremsen ausgestattet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kriegsstraßenbahnwagen sollten die zahlreichen Straßenbahnwagen ersetzen, die während des Zweiten Weltkriegs durch Kampfhandlungen zerstört wurden. Entsprechend materialsparend, einfach und robust sind diese Fahrzeuge ausgerüstet, mit wenigen Sitzplätzen aus Holz. Noch während des Krieges erhielten die Straßenbahnbetriebe von München, Danzig, Dresden, Duisburg, Frankfurt am Main, Kattowitz, Köln, Posen, Wien und Berlin (Prototyp) die ersten Serien dieser Fahrzeuge. Der Großteil der Fahrzeuge wurde jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut und ausgeliefert. Die Stückzahl beläuft sich auf 148 Trieb- und 313 Beiwagen. Ausgeliefert wurden diese Fahrzeuge in den Jahren 1946 bis 1950. Sie waren bei der Auslieferung äußerst spartanisch ausgestattet.

Heute werden die noch vorhandenen KSW bei verschiedenen Betrieben als Museumsfahrzeuge eingesetzt, darunter auch der Prototyp, der seit 1944 bei der Woltersdorfer Straßenbahn beheimatet ist.

Polnische Variante von Konstal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bytom: Linie 38 im Jahr 2013

Nach dem Krieg entwickelte der polnische Schienenfahrzeughersteller Konstal aus dem KSW den Standardwagen Konstal N (N für „Normalizowany“ – standardisiert) mit 3,3 m Achsstand, ebenfalls zwei 60-kW-Elektromotoren, aber Schiebefenstern und 16 Sitzplätzen (acht Dos-à-dos-Holzbänke auf jeder Seite). 1956–1962 wurde der weiterentwickelte Typ N1 mit Doppelschiebetüren in großen Stückzahlen (circa 750 Trieb- und 950 Beiwagen) für verschiedene polnische Betriebe gefertigt, die dort teilweise noch bis in die 1990er Jahre im Einsatz waren. Insgesamt fertigte Konstal von 1948 bis 1962 1460 Triebwagen und 1618 Beiwagen dieser zweiachsigen Bauart für Normal- und Meterspur. Zwei N-Triebwagen fuhren noch bis 2020 auf der Linie 38 der Straßenbahn im oberschlesischen Industriegebiet auf einer circa 1,2 Kilometer langen Strecke zwischen Bytom Kościół św. Trójcy und Bytom Powstańców Śląskich.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kriegsstraßenbahnwagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien