Lotte Gerson

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Lotte Gerson (geboren 17. März 1905 in Essen; gestorben Mai 1995 in Berlin) war eine deutsche Bauhausstudentin und Fotografin.[1][2] Sie führte während der Ehen mit zwei Bauhausstudierenden die Namen Burckhardt und Collein, wird häufig auch als Lotte Gerson-Collein bezeichnet.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lotte Gerson machte ihren Schulabschluss am Lyzeum in Hamm. Danach probierte sie verschiedene Berufstätigkeiten aus: Schneiderwerkstatt in München, Handweberei in Dachau und Büroarbeiten. Schließlich besuchte sie für ein Jahr eine Soziale Frauenschule in Bremen.

Von 1927 bis 1930 studierte Lotte Gerson am Bauhaus in Dessau, wo sie die Grundlehre bei Josef Albers und die Formenlehre bei Wasilii Kandinsky durchlief. Aus der Grundlehre sind eine Positiv-Negativ-Faltung und eine Drahtskulptur erhalten, die heute in der Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau verwahrt werden. Schon im ersten Lehrjahr engagierte sich Gerson in der Tischlerei und sie fotografierte. Ihre Bilder wurden erstmals im Frühjahr 1928 in der bauhaus. Zeitschrift für Gestaltung veröffentlicht. Gerson dokumentierte mit der Kamera das Leben am Bauhaus und beschäftigte sich mit der Fotografie von einfachen Objekten und ihren Schatten.[3] In der Bauhauskapelle spielte sie Saxophon.[4] Sie schloss nach drei Semestern einen Lehrvertrag bei Hannes Meyer in der Tischlerei ab. 1928 heiratete sie den Schweizer Bauhausstudenten Andreas Burckhardt. Die Ehe hielt ein Jahr.[5]

Im Frühjahr 1929 wurde ihr Entwurf einer Kinderschaukel in das Produktionsprogramm der Tischlerei übernommen. Im Sommersemester 1929 besuchte Gerson die Baulehre, wo sie unter anderem mit Edmund Collein und Wera Meyer-Waldeck studierte. Im Frühjahr 1930 arbeitete sie an dem Entwurf der Volksschule für die Siedlung Dessau-Törten. Ende 1930 – das Bauhaus wurde inzwischen von Mies van der Rohe geleitet – stellte sie einen Antrag auf Diplomerteilung, der jedoch abgelehnt wurde, „ [...] da trotz der anerkannten fleissigen und sauberen arbeiten selbständige schöpferische tätigkeit von ihr nicht erwartet werden kann“.

Daraufhin verließ Gerson das Bauhaus und zog mit Edmund Collein nach Wien. Sie heiratete ihn 1931[3] und die beiden bekamen eine Tochter. Nach dem "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich 1938 verließen sie Wien und gingen nach Berlin-Charlottenburg. Gerson und ihre Tochter waren als Jüdin bzw. "Halbjüdin" von Verfolgung und Deportation bedroht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich Lotte und Edmund Collein, zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft beizutragen und zogen in den sowjetisch besetzten Sektor von Berlin. Ihr Mann machte dort eine steile Karriere als Architekturfunktionär. Nach Fertigstellung der Stalinallee bezog die Familie eine Wohnung in einem der Hochhäuser am Strausberger Platz. Über weitere Aktivitäten von Lotte Gerson-Collein in den Feldern Architektur und Design ist nichts bekannt.[5]

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1988: Lotte Gerson mit Edmund Collein, bauhaus utopien, Kölnischer Kunstverein[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Bayer, Walter Gropius, Ise Gropius (Hrsg.): Bauhaus. 1919–1928. 3. Auflage. Hatje, Ostfildern 1955 (Erstausgabe: Niggli, Teufen [Schweiz] 1938).
  • Peter Gerlach: 150 Jahre Kölnischer Kunstverein, Jubiläums-Schrift. Festschrift. 1989, OCLC 1358259574 (uni-duesseldorf.de [PDF]).
  • Corinna Isabel Bauer: Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen. Genderaspekte im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne. Dissertation. Universität Kassel, 2003 (uni-kassel.de [PDF]).
  • Inge Hansen-Schaberg, Wolfgang Thöner, Adriane Feustel (Hrsg.): Entfernt. Frauen des Bauhauses während der NS-Zeit - Verfolgung und Exil. Edition Text + Kritik, München 2012, ISBN 978-3-86916-212-6. Inhaltsverzeichnis[7]
  • Patrick Rössler: Bauhausmädels. Taschen, Köln 2019, ISBN 978-3-8365-6353-6 (deutsch, englisch, französisch).
  • Gerson, Lotte. In: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon. K. G. Saur, Berlin/New York 2009.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gerson, Lotte. In: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hrsg.): AKL Online. K. G. Saur, Berlin / New York 2021.
  2. Corinna Isabel Bauer: Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen. S. 97.
  3. a b Lotte Gerson-Collein. The Museum of Avant-garde (MA-g), abgerufen am 16. Januar 2023.
  4. Michael Siebenbrodt: Jazzkapelle und Gesamtkunstwerk – Musik am Bauhaus in Weimar. In: Hellmut Th. Seemann, Thorsten Valk (Hrsg.): Übertönte Geschichten. Musikkultur in Weimar. Jahrbuch der Klassik Stiftung Weimar. Wallstein Verlag, Göttingen 2011, S. 121–136.
  5. a b Corinna Isabel Bauer: Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen. S. 350–351.
  6. Kunstvereins-Menue Zahlen, Listen und Dokumente zu Personen, Ausstellungen, Künstlern, Jahresgaben. (PDF) Peter Gerlach, 1989, abgerufen am 26. Januar 2023.
  7. Entfernt: Frauen des Bauhauses während der NS-Zeit - Verfolgung und Exil. Abgerufen am 24. Januar 2023.