Martin Dentler

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Martin Hermann Hans[1] Dentler (* 18. März 1860 in Glückstadt; † Februar 1933 in Braunschweig[2]) war ein deutscher Unternehmer, Aussteller, Distributor, Filmproduzent und Pionier des frühen deutschen Kinos.

Dentler war zunächst als Buchhändler und anschließend als Kaufmann in Hamburg tätig gewesen,[3] bevor er im Frühjahr 1905[4] nach Braunschweig kam, wo er 1906 zusammen mit seiner Frau Meta[1] in den Räumen der „Alten Polizei“, Ecke Gördelingerstraße/Neue Straße (später in der Poststraße) das erste Kino der Stadt, das „Centraltheater Lebender Photographien“ eröffnete.[5] In der Folgezeit eröffnete Dentler schnell weitere Kinos, unter anderem das „Edisontheater“ im ehemaligen „Fürstenhof“ in der Stobenstraße, dessen Eigentümer er war.[4] Bereits 1910 gehörten ihm in Braunschweig die vier Kinos „Saalbau-Lichtspiele“, „Lichtspielhaus“, „Edison-Theater“ und „Kinopalast“ in der Wendenstraße. Sein 1911 erbautes „Lichtspielhaus“ war das erste Bauwerk in Braunschweig, das extra als Kino erbaut wurde.[6] 1913/14 folgte schließlich der Umbau von Brünings Saalbau in ein Großkino.

Dentler baute von Braunschweig aus eine Kette von Lichtspieltheatern in mehreren deutschen Großstädten auf, so z. B. in Berlin, Halle, Leipzig, Magdeburg und München.[7] 1908 gründete er mit der „Martin-Dentler-Film“ eine der ersten Distributionsgesellschaften. Unternehmensziel war, sich vom Verkauf reiner Filmprogramme zu lösen und einzelne, längere Filme, die jeweils im Vorfeld und in Abhängigkeit von ihrem Inhalt und der Starbesetzung entsprechend stark beworben wurden, zu vermieten. Ab 1911 produzierte Dentlers Unternehmen eigene Filme, darunter Kultur- und Werbefilme für die örtliche Gastronomie, in denen Sehenswürdigkeiten der Umgebung gezeigt wurden.[7] Des Weiteren veröffentlichte man monatlich mit „Martin Dentlers Filmmarkt“ eine eigene Werbebroschüre.[8] Später wurde das Unternehmen, das über eine in ganz Deutschland verzweigte Verleihorganisation verfügte und auch etliche Kinos besaß, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Um 1912 war Dentlers Filmverleih wohl der größte in Deutschland.[9] In seinem „Familienunternehmen“ arbeiteten neben seiner Frau auch sein Sohn Rudolf und sein Schwiegersohn. Darüber hinaus waren fast hundert Angestellte für ihn tätig. 1911 belief sich sein Jahresumsatz nach eigenen Angaben auf eine Million Mark. 1914 war er – bis auf ein einziges Kino – im Besitz sämtlicher Lichtspielhäuser in Braunschweig und hatte sich damit eine Monopolstellung geschaffen.[10]

Am 17. Oktober 1925 wurde Dentlers Unternehmen von der UFA übernommen.[11]

Neben Dentlers Unternehmen gab es in Braunschweig noch drei weitere Filmverleiher, darunter die seit 1912 existierende Firma „Carl W. Bonse“ und der seit 1920 tätige Filmverleih von Paul Buchler sowie die Produktionsfirma „Film-Pape & Co.“, die zwischen 1926 und 1933 Industrie- und Werbefilme produzierte.[15]

  • Rudmer Canjels: Distributing Silent Film Serials: Local Practices, Changing Forms, Cultural Transformation. Routledge 2011, ISBN 978-0-203-83258-5.
  • W. Clemens: Braunschweiger Kinogeschichte. In: Der Freundeskreis des Großen Waisenhauses e.V. Braunschweig. Heft 89, Braunschweig 1981, S. 7–13.
  • Klaus Kreimeier: Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns. Carl Hanser Verlag, München/ Wien 1992, ISBN 3-446-15214-8.
  • Corinna Müller: Frühe deutsche Kinematographie. Formale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen 1907–1912. Metzler 1994, ISBN 3-476-01256-5.
  • Astrid Lehr, Filmfest Braunschweig: 100 Jahre Film – 99 Jahre Kino in Braunschweig. Alte Waage 5.11.–3.12.’95 (= Texte zur Kinogeschichte.) Braunschweig 1995, OCLC 258189015.
  • Hartmut Nickel: Filmtheater. In: Luitgard Camerer, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5, S. 71.
  • Albert Sattler: Braunschweig. Stadt und Herzogtum. Festschrift zum Regierungsantritt des jungen Herzogspaares. Verlag Körner & Lauterbach, Chemnitz 1913, S. 176–177.
  • Stefan Vockrodt, Hans Roland Nuß, Edgar Merkel: Von den „lebenden Photographien“ zum Multiplex. Braunschweigs Kinos 1896 bis heute. Björn Zelter Verlag, Braunschweig 1997, ISBN 3-931727-02-5.
  • Michael Wedel: Dentler, Martin. In: Richard Abel (Hrsg.): Encyclopedia of Early Cinema. Routledge, London u. a. 2010, ISBN 978-0-415-77856-5, S. 176.

Einzelnachweise

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  1. a b Heiratsregister Hamburg 2, Band 3, Nr. 570.
  2. Nachruf auf Martin Dentler in: "Film-Journal", Nr. 9 vom 26. Februar 1933.
  3. Von den Anfängen des Kinos bis 1945 (Memento des Originals vom 20. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kino-braunschweig.de
  4. a b Zur Geschichte der Kinematographie in Braunschweig. In: Albert Sattler: Braunschweig. Stadt und Herzogtum. Festschrift zum Regierungsantritt des jungen Herzogspaares. S. 176.
  5. Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten. Band 1: Innenstadt. Elm-Verlag, Cremlingen 1995, ISBN 3-927060-11-9, S. 245.
  6. Zur Geschichte der Kinematographie in Braunschweig. In: Albert Sattler: Braunschweig. Stadt und Herzogtum. Festschrift zum Regierungsantritt des jungen Herzogspaares. S. 177.
  7. a b Frühe Filmproduktion. „Gründungsfieber“ nach dem Ersten Weltkrieg
  8. Michael Wedel: Dentler, Martin. In: Richard Abel (Hrsg.): Encyclopedia of Early Cinema. S. 176.
  9. Kino der Widersprüche – der frühe Film um 1913.
  10. Corinna Müller: Frühe deutsche Kinematographie. S. 40.
  11. Klaus Kreimeier: Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns. S. 151.
  12. Martin Dentler GmbH (Braunschweig). Filmografie.
  13. a b IMDb Martin Dentler
  14. Entgleist
  15. Filmverleih und -vertrieb