Rudolf Angermann

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August Moritz Rudolf Angermann (* 27. Dezember 1880 in Dresden; † 17. Juli 1954 in Hagen[1][2]) war ein deutscher Cellist und Bibliothekar, der u. a. das Musikbüchereiwesen förderte und Meßzahlen und Regeln für den Sachkatalog von zeitgenössischen Volksbibliotheken erarbeitete.[3] Er war eine der wenigen Persönlichkeiten, deren besonderen Rang der Verein Deutscher Volksbibliothekare durch die Wahl zum Ehrenmitglied würdigte.[4] Daneben ist er bekannt als Mitbegründer und Dozent der Fachschule für Bibliothekare in Köln.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war der Sohn des königlich-sächsischen Langerichtsrates Wiprecht Angermann und dessen Ehefrau Marie Elisabeth geborene Roßberg. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Dresden ging Rudolf Angermann an die Universität Leipzig. Daneben erhielt Angermann eine musikalische Fachausbildung an den Konservatorien Dresden und Leipzig und lebte als Solocellist einige Zeit in Russland. In späteren Jahren trat er auch gelegentlich in Deutschland als Cello-Virtuose, so beispielsweise 1925 in Ergste.[5]

Das Studium schloss er 1911 mit seiner Promotion zum Dr. phil. ab. Das Thema seiner Dissertation lautete Der Typus des Leidvollen in der deutschen Volksballade. Danach arbeitete Rudolf Angermann an der Volksbücherei Dresden-Plauen und danach als Stadtbibliothekar in Elberfeld und in Stettin unter Direktor Erwin Ackerknecht. Er bewarb sich erfolgreich um die Stelle des Direktors der Stadtbücherei Hagen in Westfalen. Dieses Amt übte er vom 1. Juli 1921 bis zum 1. Januar 1946 aus.[6] Als Leiter der Volksbücherei Hagen führte er ab 1935 die „Bestandssäuberungen“ der Bibliothek aus, welche aufgrund der nationalsozialistischen Ideologie zur Entfernung unerwünschter Literatur führten.[7] Er hatte sich speziell auf Bibliothekswissenschaft und Musikbücherei spezialisiert. Daneben war er seit ihrer Gründung bis zur kriegsbedingten Schließung von 1928 bis 1944 auch als nebenamtlicher Dozent an der Westdeutschen Volksbüchereischule in Köln tätig.[8]

Rudolf Angermann war u. a. Herausgeber der Westdeutschen Blätter für Büchereiberatung. Mitteilungen der Staatlichen Beratungsstelle für das öffentliche Büchereiwesen in der Provinz Westfalen und der Staatlichen Beratungsstelle für das volkstümliche Büchereiwesen für die Regierungsbezirke Köln, Koblenz und Trier (ZDB-ID 551270-0). Er leitete von 1922 bis 1947 die Staatliche Beratungsstelle für das öffentliche Büchereiwesen in der preußischen Provinz Westfalen.

In der Zeit des Nationalsozilaismus übernahm er den Vorsitz des Referats Musikbüchereien der Reichsstelle für das Volksbüchereiwesen und veröffentlichte 1938 die Reichsliste für Musikbüchereien mit umfänglichen Literaturnachweisen, zu der er eine Verwaltungslehre bearbeitet hatte. Beides trug dazu bei, diesen speziellen Zweig des Bibliothekswesen weiterzuentwickeln.[9]

Sein umfangreiches Manuskript Die volkstümliche Musikalienbücherei. Sinn und Gestalt ging verloren.[10]

Er war Ehrenmitglied des „Vereins Deutscher Volksbibliothekare“.[11]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rudolf Angermann war mit Charlotte geborene Willkomm verheiratet. Aus der gemeinsamen Ehe gingen die Kinder Dittrich (* 1915), Ulrike (* 1916) und Burkhart (* 1917) hervor.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Typus des Leidvollen in der deutschen Volksballade. 1911.
  • Einige Spezialinstruktionen für den alphabetischen Katalog einer volkstümlichen Musikalienbibliothek. In: Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. Band 14, Heft 3 und 4, 1913, S. 37–44.
  • mit Wiprecht Angermann: Normalbuchgröße und Normalgeschoßhöhe. Harrassowitz, Leipzig 1915.
  • Auswahl von Kriegsliteratur für die Teilnehmer an dem in der Stettiner Stadtbibliothek abgehaltenen Volksbüchereikurs 1916. Stettin 1916.
  • Weite und enge Systematisierung. In: Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. Band 19, 1918, S. 153–161.
  • Stoffkreisführung. In: Blätter für Volksbibliotheken. Heft 3, 1920.
  • mit Adolf Waas: Merkpunkte zum volkstümlichen Büchereiwesen. 1922.
  • Mitautor bei Hans Hofmann (Hrsg.): Der Volksbibliothekar: seine Aufgabe, sein Beruf, seine Ausbildung. Quelle & Meyer, Leipzig 1927.
  • Differenzierung und Staffelung beim Bestandsaufbau. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 12, 1928, S. 227–241.
  • Walter Hofmann zum 50. Geburtstag. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 13, 1929, S. 107 ff.
  • Zur Lehre von den Leseantrieben. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 13, 1929, S. 150 f.
  • Wichtige Berechnungszahlen. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 13, 1929, S. 359 f.
  • Nachwort. In: Margarete Regge: Dreistellige Logarithmen für den Gebrauch bei büchereistatistischen Berechnungen bearb. von der Stadtbücherei Hagen i. Westf. Hagen i. Westf. 1929.
  • Musikerzziehung und Musikbücherei. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 14, 1930, S. 65 f. und 99 f.
  • Pädagogische Akademie und volkstümliche Bücherei. Programmatisches zur Ausbildung der nebenamtlichen Volksbibliothekare. In: Hefte für Büchereiwesen. Band 14, 1930, S. 249 f.
  • Säuberung nach der Säuberung. Eine dringende Aufgabe. In: Die Bücherei. Band 2, 1935, S. 281–283.
  • Die Musikbücherei. In: Die Bücherei. Band 4, 1937, S. 301 f.
  • Grundzüge einer Theorie des Systematischen Sachkataloges für Volksbüchereien. 1. Band, F. Schmitt, Siegburg 1949.
  • Grundzüge einer Theorie des Systematischen Sachkataloges für Volksbüchereien. 2. Band, F. Schmitt, Siegburg 1950.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender. 2. Jahrgang, 1926, Sp. 25.
  • Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender. 3. Jahrgang, 1928/29, Sp. 31.
  • Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender auf das Jahr 1935. 1935, Sp. 19.
  • Herrmann A. L. Degener: Degeners Wer ist’s?. Berlin 1935, S. 25.
  • Rudolf Reuter: Rudolf Angermann zum 60. Geburtstag am 27.12.1940. In: Westdeutsche Blätter für Volksbüchereien. Band 12, 1941, S. 1–3.
  • Carl Jansen: Rudolf Angermann zum Gedächtnis. In: Bücherei und Bildung. 6, Nr. 9/10 1954, S. 853–854 (b-u-b.de).
  • Angermann, Rudolf. In: Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken. 1966, S. 82.
  • Christa Pohlmann: Walter Hofmanns und Rudolf Angermanns Beitrag zur Entwicklung von Methoden der Benutzerforschung. Teil I. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen. 94, Nr. 11, 1980, S. 511–517.
  • Christa Pohlmann: Walter Hofmanns und Rudolf Angermanns Beitrag zur Entwicklung von Methoden der Benutzerforschung. Teil II. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen. 94, Nr. 12, 1980, S. 563–572.
  • Alexandra Habermann, Rainer Klemmt, Frauke Siefkes: Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare 1925–1980. Klostermann, Frankfurt 1985, ISBN 3-465-01664-5, S. 6.
  • Enno Stahl: Das Kölner Autoren-Lexikon 1750–2000. Band 2, Köln 2002, S. 12.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Maria Steinhoff, Rudolf Reuter: Bibliothekarische Ausbildung in Zeiten des Krieges: Briefe von Maria Steinhoff an Rudolf Reuter und weitere Dokumente zur Westdeutschen Volksbüchereischule in Köln 1939 bis 1944. 2014, S. 24f.
  2. Margarete Timme: Geschichte und Chronik der Stadtbücherei Coesfeld 1943–2016. ihr Gründungsumfeld, die politischen Rahmenbedingungen in der NS-Zeit und das öffentliche Büchereiwesen im nördlichen Teil des Kreises Coesfeld von 1850 bis 2016 : von der Volks- und Thekenbücherei zum Informations-, Medien- und Kulturzentrum der Stadt Coesfeld (= Geschichte. Band 141). LIT, Münster 2017, ISBN 978-3-643-13737-1, S. 18.
  3. Hans-Joachim Genge: Angermann, Rudolf. In: Lexikon des gesamten Buchwesens Online. doi:10.1163/9789004337862_lgbo_COM_010618, abgerufen am 6. Juli 2023.
  4. Carl Jansen: Rudolf Angermann zum Gedächtnis. In: Bücherei und Bildung. Band 6, Teil 2, 1954, S. 853.
  5. Schwerter Zeitung vom 25. März 1925.
  6. Margarete Timme: Geschichte und Chronik der Stadtbücherei Coesfeld 1943–2016. ihr Gründungsumfeld, die politischen Rahmenbedingungen in der NS-Zeit und das öffentliche Büchereiwesen im nördlichen Teil des Kreises Coesfeld von 1850 bis 2016 : von der Volks- und Thekenbücherei zum Informations-, Medien- und Kulturzentrum der Stadt Coesfeld (= Geschichte. Band 141). LIT, Münster 2017, ISBN 978-3-643-13737-1, S. 18.
  7. Christine Koch: Das Bibliothekswesen im Nationalsozialismus. Eine Forschungsstandanalyse anhand der Fachliteratur. S. 46 (bsz-bw.de [PDF]).
  8. Rudolf Jung: Die Anfänge der bibliothekarischen Ausbildung in Köln. 1928–1949, Köln 2000, S. 14 urn:nbn:de:hbz:832-epub4-576.
  9. Aus den Musikbüchereien. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 28. Oktober 1944, S. 191.
  10. Öffentliche Musikbibliotheken in Deutschland. 1998, S. 410.
  11. Carl Jansen: Rudolf Angermann zum Gedächtnis. In: Bücherei und Bildung. 6, Nr. 9/10 1954, S. 853–854.