Voice of Europe

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Voice of Europe (übersetzt „Stimme Europas“) ist ein mehrsprachiges Nachrichtenportal, das als Medium der russischen Propaganda dient. Das Portal veröffentlicht Beiträge gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine nach dem russischen Überfall auf das Land und führte Interviews mit zahlreichen rechten und rechtsextremen Politikern. Mehrere Kandidaten für die Europawahl 2024 sollen nach einem Medienbericht, der sich auf Geheimdienstinformationen beruft, verdeckte Zuwendungen erhalten haben.[1] Seinen Sitz hatte es von 2017 bis 2019 in den Niederlanden, von 2023 bis zur Schließung 2024 in Tschechien. Seit 10. April 2024 hat es seinen Sitz in Kasachstan.[2] Im Mai 2024 wurde ein EU-weites Veröffentlichungsverbot gegen Voice of Europe beschlossen.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen 2017 und 2019 wurde Voice of Europe aus den Niederlanden betrieben.[4] Ein Unternehmer mit Verbindungen zum ultranationalistischen Politiker Thierry Baudet bezweckte die Herbeiführung eines Referendums, in dem das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine abgelehnt werden sollte.[5]

2023 wurde Voice of Europe neu aufgesetzt und hatte fortan eine Anschrift nahe dem Wenzelsplatz in Prag. Im März 2024 übernahm ein polnischer Geschäftsmann, Jacek Jakubczyk, alle Anteile an dem Unternehmen in der Rechtsform einer tschechischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Portal hat Artikel anderer Medien übernommen, insbesondere von Compact und Unser Mitteleuropa sowie des Deutschland-Kuriers. Es erschienen neben Beiträgen auf Deutsch auch solche auf Englisch und in vierzehn weiteren Sprachen.[1]

Der dem Kreml nahestehende Oligarch Wiktor Medwedtschuk soll das Projekt finanziert haben. Das operative Geschäft führte Artem Martschewskyj.[6] Es wurden Interviews mit Politikern und Akteuren des rechten und rechtsextremen Spektrums geführt, unter anderem mit Geert Wilders, Tommy Robinson und Ann Coulter.[7] In Deutschland waren insbesondere Politiker der Alternative für Deutschland (AfD), darunter Maximilian Krah und Petr Bystron, zu Gesprächen auch nach Prag geladen worden. Krah wurde im Dezember 2023 von Beamten des FBI vernommen, um ihn zu Zahlungen seines Kontakts Oleg Woloschyn zu befragen. Dessen Mobilgerät wurde im Sommer 2021 bei einer Reise nach New York City untersucht; Inhalt waren auch Chatnachrichten mit dem AfD-Politiker.[8] Für den österreichischen EU-Abgeordneten Roman Haider wurde ein Interview bestätigt,[9] wofür „weder Geld noch sonstige Leistungen angeboten oder angenommen“ worden seien.[9]

Die Interviews sollen mit Zahlungen verbunden gewesen sein, wie die Zeitung Deník N berichtete.[10] Mehrere hunderttausend Euro seien entweder bar in Prag übergeben oder in Form von Kryptowährung gezahlt worden.[1] Empfänger der Zahlungen waren demnach Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen.[11]

Enttarnung, Sanktionierung und Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der Enttarnung waren mehrere europäische Geheimdienste beteiligt.[12] In Warschau und Tychy wurde nach Durchsuchungen des polnischen Inlandsgeheimdienstes Bargeld in Höhe von 84.000 Euro sichergestellt.[13] Die Durchsuchungen stehen in Verbindung mit Ermittlungen gegen ein russisches Spionagenetzwerk.[14]

Die tschechische Regierung unter Ministerpräsident Petr Fiala setzte Voice of Europe sowie die Betreiber Medwedtschuk und Martschewskyj am 27. März auf die Sanktionsliste, da diese die „territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage“ stellten.[15]

Die Parteivorsitzenden der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, forderten am 3. April eine schriftliche Erklärung von Bystron für die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.[16]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Maik Baumgärtner, Roman Höfner, Martin Knobbe, Ann-Katrin Müller, Marcel Rosenbach, Fidelius Schmid, Wolf Wiedmann-Schmidt: Verdächtiges Internetportal »Voice of Europe«: Westliche Geheimdienste enttarnen russische Desinformationskampagne. In: Der Spiegel. 27. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 1. April 2024]).
  2. Elena Crisan: „Voice of Europe“: Russische Propagandaseite wieder online. In: Profil.at. 12. April 2024, abgerufen am 17. April 2024.
  3. „Propaganda“: EU einig bei Sanktionen gegen Voice of Europe. orf.at, 15. Mai 2024, abgerufen am 15. Mai 2024.
  4. Wilmer Heck: Omstreden pro-Russische website Voice of Europe was ook podium voor FVD-prominenten. In: NRC. 28. März 2024 (niederländisch, nrc.nl [abgerufen am 1. April 2024]).
  5. Nicholas Vinocur, Pieter Haeck, Eddy Wax: Russian influence scandal rocks EU. In: Politico. 29. März 2024, abgerufen am 1. April 2024 (englisch).
  6. Annika Leister, Jonas Mueller-Töwe: Propaganda-Skandal um AfD: Russland? Nicht Aggressor, sondern Verteidiger. In: t-online. 28. März 2024, abgerufen am 1. April 2024.
  7. Marianne Allweiss: Pro-russische Propaganda quer durch Europa. In: Tagesschau. 28. März 2024, abgerufen am 1. April 2024.
  8. Maik Baumgärtner, Jörg Diehl, Roman Höfner, Roman Lehberger, Ann-Katrin Müller, Marcel Rosenbach, Wolf Wiedmann-Schmidt: Maximilian Krah: FBI befragte AfD-Spitzenpolitiker zu möglichen prorussischen Zahlungen. In: Der Spiegel. 16. April 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. April 2024]).
  9. a b Voice of Europe: FPÖ-Mandatar bestätigt Interview. In: ORF.at, Agenturen red. 5. April 2024, abgerufen am 5. April 2024.
  10. Zdislava Pokorná: European politicians on Putin’s payroll. Russians attempted to influence European elections from Prague. In: Deník N. 27. März 2024, abgerufen am 1. April 2024 (tschechisch).
  11. „Russische Einflussoperation aufgedeckt“: Enttarnte prorussische Plattform nährt Sorge in Deutschland. In: FOCUS Online. 28. März 2024, abgerufen am 1. April 2024.
  12. Vojtěch Berger: Půl roku s ruskou propagandou z Prahy. Místo „hlasu Evropy“ zněl hlas Kremlu. In: HlídacíPes.org. 28. März 2024, abgerufen am 1. April 2024 (tschechisch).
  13. Faeser: „Voice of Europe“ ist Teil von Putins Kriegsführung. In: n-tv. 29. März 2024, abgerufen am 1. April 2024.
  14. Polen: Ermittler gehen gegen russisches Spionagenetzwerk vor. In: Deutschlandfunk. 28. März 2024, abgerufen am 3. April 2024.
  15. „Voice of Europe“: Tschechien setzt Webseite auf Sanktionsliste. In: WELT. 27. März 2024, abgerufen am 1. April 2024.
  16. Philip Brost: AfD verlangt Antworten von Bystron zu „Voice of Europe“. In: Tagesschau. 3. April 2024, abgerufen am 3. April 2024.