Waldhof am Bogensee

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Wohngebäude des Waldhofs (2008)

Der Waldhof am Bogensee ist der ehemalige Landsitz von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels etwa 200 m nordwestlich des Bogensees in Wandlitz, Landkreis Barnim. Er erhielt das Gelände mit einer Blockhütte vom Land Berlin geschenkt und ließ das dreiflügelige Gebäude 1939 errichten. Als Teil der Gesamtanlage Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" & Goebbels-Landsitz "Waldhof" stehen heute das Wohnhaus, ein Gästehaus, Wach- und Wirtschaftsgebäude sowie drei Bunker unter Denkmalschutz.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kämmerer und Geheime Rat seiner Majestät, Graf Wilhelm von Redern, verkaufte 1919[1] hoch verschuldet sein circa 5000 Hektar umfassendes und 1876 erworbenes Gut Lanke mit dem Bogensee für fast 20 Millionen Reichsmark an den Magistrat von Berlin.

Im Jahr 1936 schenkte die Stadt Berlin den Bogensee und 496,3 Hektar Land mit einem am Ostufer des Sees errichteten Blockhaus Reichspropagandaminister Joseph Goebbels zu dessen 39. Geburtstag auf Lebenszeit. Goebbels schrieb hierzu in sein Tagebuch: „Ein Waldidyll. Wunderbar ! Ein kleiner Hügel, und von da sieht man nur Wasser, Bäume, Wiese. Und ringsum tiefe Einsamkeit.“[2] Goebbels nutzte das Haus als „Liebesnest“[3] und empfing dort Prominente aus Künstlerkreisen und aus der Politik.[4]

Da das Häuschen bald Goebbels’ Ansprüchen nicht mehr genügte, ließ er nordwestlich des Sees in einiger Entfernung vom Ufer bis 1939 nach einem Entwurf von Heinrich Schweitzer unter Federführung des Architekten Hugo Constantin Bartels einen neuen Landsitz, den Waldhof am Bogensee, errichten.[3][5] Goebbels verkaufte diesen Landsitz 1942 an die Cautio Treuhand GmbH und nutzte ihn weiterhin.[5]

Das Hauptgebäude mit Walmdach und Natursteinsockel hatte eine Grundfläche von 1600 m² und 30 Zimmer.[3] Dazu kamen ein Wirtschaftsgebäude und ein Gästehaus mit Besprechungszimmer, in dem auch SS-Wachmannschaften untergebracht waren. Im Jahr 1944 erhielt die Anlage wegen der zunehmenden Luftangriffe auf Berlin und die Umgebung einen Hausbunker.[3] Das Landhaus war mit einem eigenen Wasserwerk, einem Klärwerk,[1] einer kaum sichtbaren Klimaanlage, einem Kino, nach unten versenkbaren Fenstern und einem Zimmer mit zwei Kaminen ausgestattet.[6] Die UFA trug 1,5 Millionen Reichsmark zum Bau bei. Im Landhaus trafen sich Künstler und Schauspieler wie Zarah Leander, Emil Jannings und Heinz Rühmann.[7] Die Kinder der Familie besuchten die Schule im Dorf Wandlitz, wohin sie mit einer Kutsche gebracht wurden.[3][8]

Auf dem Gelände wurde 1946 die Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ der FDJ errichtet. Hierzu entstanden weitere Gebäude. Der Waldhof gehört der Stadt Berlin und wird seit 2000 größtenteils nicht mehr genutzt.[9][10] In einem Nebengebäude befindet sich aktuell noch die Waldschule Bogensee.[11] Im Mai 2024 bot der Berliner Finanzsenator an, das Gelände zu verschenken, da der Aufwand für Sicherung und Unterhalt in die Millionen gehen würde.[12] Er kündigte an, die Gebäude notfalls abreißen zu lassen.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klaus Peilicke: Die Entwicklung der Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ als Zentrum der Aus- und Weiterbildung von Funktionären der Freien Deutschen Jugend von Mai 1955 bis Anfang der sechziger Jahre. zwei Bände. Rostock 1983, DNB 860049116 (Dissertation A Universität Rostock 1983, 433 Seiten in Bänden).
  • Stefan Berkholz: Goebbels’ Waldhof am Bogensee. Vom Liebesnest zur DDR-Propagandastätte. Chr. Links Verlag, 2004, ISBN 3-86153-340-5.
  • Jana Dimmey, Katrin Matthes: Rote Stühle: Das Gelände am Bogensee, Hochschule der FDJ und Goebbels Landsitz. Kehrer Verlag, 2009, ISBN 978-3-86828-084-5.
  • Rainer Strzolka, Martina Hellmich: Die FDJ Parteihochschule am Bogensee bei Berlin. Verlag für Ethnologie Clemens Koechert, Hannover 2013, ISBN 978-3-86421-905-4.
  • Detlef Siegfried: Bogensee – Weltrevolution in der DDR 1961–1989. Wallstein, Göttingen 2021, ISBN 978-3-8353-5011-3

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Waldhof am Bogensee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Katrin Bischoff: Platz für 500 FDJ-Funktionäre. Das Land Berlin will die frühere Kaderschmiede der DDR am Bogensee weltweit zum Kauf anbieten. In: Berliner Zeitung. 26. Juni 2006.
  2. https://web.archive.org/web/20101213151848/http://bunker-kundschafter.de/Bogensee.htm
  3. a b c d e Julien Reitzenstein: Goebbels’ Liebesnest. In: Spiegel online. 6. Juli 2008, abgerufen am 25. Juni 2018.
  4. Gerhard Spörl: Zeitgeschichte: „Da liegt sie, diese Bestie“. In: Der Spiegel. Nr. 18, 2015, S. 46–58 (online25. April 2015).
  5. a b Inhaltsübersicht und Textausschnitt aus dem Buch von Stefan Bergholz Goebbels’ Waldhof am Bogensee. Christoph-Links-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-86153-340-5.
  6. Foto des Kaminzimmers (Memento vom 13. Oktober 2016 im Internet Archive)
  7. Das Liebesnest des Dr. Goebbels. In: Berliner Morgenpost. 10. Juni 2008.
  8. Information aus der Geschichtswerkstatt Wandlitz, 2010.
  9. Bogensee-Areal: Denkmalpflege gegen mögliche Renaturierung. SZ, 3. Mai 2024
  10. Bogensee – Landsitz des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels / FDJ-Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“.
  11. Bürgermeister von Wandlitz fürchtet Einzug von rechten Ideologen in Goebbels-Villa. 4. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024.
  12. Bogensee in Brandenburg: Berliner Finanzsenator will Goebbels-Villa verschenken. In: Der Spiegel. 4. Mai 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. Mai 2024]).
  13. Senator will Goebbels-Villa verschenken - Bürgermeister empört bei n-tv vom 4. Mai 2024

Koordinaten: 52° 46′ 27″ N, 13° 31′ 34,6″ O