Nikolai Semjonowitsch Kurnakow

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Nikolai Semjonowitsch Kurnakow auf einer sowjetischen Briefmarke von 1951

Nikolai Semjonowitsch Kurnakow (russisch Никола́й Семёнович Курнако́в; * 6. Dezember 1860 in Nolinsk, Gouvernement Wjatka; † 19. März 1941 in Barwicha, Sowjetunion) war ein russischer Chemiker, der international für seine Arbeiten auf dem Gebiet der physikalisch-chemischen Analytik bekannt wurde. Ebenso war er einer der Begründer der sowjetischen Platinindustrie. Nach ihm ist der Kurnakow-Test benannt, der immer noch zur Unterscheidung von cis- und trans-Isomeren von zweiwertigen Platinverbindungen verwendet wird; Cisplatin wird gegen schnellwachsende Tumorzellen eingesetzt.

Kurnakow wurde in Nolinsk, Gouvernement Wjatka, geboren. Er besuchte das Gymnasium in Nischni Nowgorod und studierte später am Bergbauinstitut in St. Petersburg. Er veröffentlichte seinen ersten Artikel zur Alaunkristallisation und Natriumthioantimonat im Jahr 1882.[1] Im selben Jahr erhielt er seinen Abschluss als Bergbauingenieur.

Während einer Reise durch Frankreich, Deutschland und Österreich studierte Kurnakow an mehreren Orten Salzgewinnungen. Die wissenschaftliche Arbeit während seiner Reise wurden zur Basis seiner Doktorarbeit, die er 1893 abschloss.

Nach seinem Doktorat arbeitete er mehrere Jahre am Bergbauinstitut, hauptsächlich an der Entstehung von Salz- und Pottaschelagerstätten sowie deren Ausbeutung und Aufbereitung. Im Jahr 1893 wurde er Professor für anorganische Chemie für seine Arbeit auf dem Gebiet der Reaktion von cis- und trans-Platinkomplexen mit Thioharnstoff, heute bekannt als Kurnakow-Test.[2][3] 1902 wurde er Professor am Sankt Petersburger Polytechnischen Institut, das er zusammen mit Dmitri Mendelejew and Nikolai Alexandrowitsch Menschutkin gegründet hatte. Er behielt diese Position bis 1930. Sein Arbeitsbereich erstreckte sich von der Geologie bis zur Physikalischen Chemie und Metallurgie, wobei er wie Gustav Tammann wesentlich zu den Grundlagen der modernen Metallkunde beitrug mit den Intermetallischen Verbindungen als einem seiner Schwerpunkte.[4] Zu Kurnakows bekanntesten Schülern gehörten A. W. Nikolajew, G. B. Boki, G. J. Schukowski und W. A. Nemilow.

In seinen späteren Jahren konzentrierte sich seine Forschung auf das Gebiet der Platinchemie und Platinproduktion. 1914[5] fand er, dass beim Gesetz der konstanten Proportionen in gewissen Grenzen auch bei Verbindungen, für die dieses gilt, Abweichungen auftreten.[6] Verbindungen mit solchen Abweichungen nannte er nach Claude Louis Berthollet, der das Gesetz 1803 bezweifelt hatte, Berthollide, die anderen nach John Dalton Daltonide.

1913 wurde er zum Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[7] Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den Leninpreis[8] 1928, den Mendelejew-Preis 1936, den Orden des Roten Banners der Arbeit 1939 und den Stalinpreis 1941. Die Universität Moskau ehrte ihn 1909 mit der Verleihung des Doctor honoris causa. 1923 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[9] Er war Mitglied der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften.[10] Nach dem Tod seiner Frau 1940 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand und er starb am 19. März 1941 in einem Sanatorium bei Barwicha.[3][11]

Das Mineral Kurnakowit wurde 1940 zu seinen Ehren nach ihm benannt.[12][13]

Einzelnachweise

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  1. N. T. Kuznetsov: N. S. Kurnakov’s Contribution to Coordination Chemistry. In: Russian Journal of Inorganic Chemistry. 55. Jahrgang, Nr. 11, 2010, S. 1777–1783, doi:10.1134/S0036023610110033.
  2. N. Kurnakow: Ueber complexe Metallbasen; Erste Abhandlung. In: Journal für Praktische Chemie. 50. Jahrgang, 1894, S. 481–507, doi:10.1002/prac.18940500144.
  3. a b George B. Kauffman: Nikolaĭ Semenovich Kurnakov, the reaction (1893) and the man (1860–1941) a ninety-year retrospective view. In: Polyhedron. 2. Jahrgang, Nr. 9, 1983, S. 855–863, doi:10.1016/S0277-5387(00)81400-X.
  4. Jack H. Westbrook: Historical Sketch. In: Intermetallic Compounds - Principles and Practice, Vol 1 - Principles (Hrsg. J. H. Westbrook, R. L. Fleischer). John Wiley & Sons, Chichester 1995, S. 3–18, ISBN 0471942197.
  5. Kurnakov, Verbindung und chemisches Individuum, Zeitschrift für anorganische Chemie, Band 88, 1914, S. 109–127
  6. Jost Weyer, Geschichte der Chemie, Springer 2018, Band 2, S. 12
  7. Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Курнаков, Николай Семенович. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 3. Mai 2021 (russisch).
  8. Nikolai Kurnakow - Biografie. Abgerufen am 13. Mai 2018 (russisch).
  9. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 142.
  10. Mitglieder: Kurnakow, Nikolai Semjonowitsch. Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, abgerufen am 3. Mai 2021 (ukrainisch).
  11. George B. Kauffman: The Life and Work of Nikolai Semenovich Kurnakov. In: Platinum Metals Review. 26. Jahrgang, Nr. 3, 1982, S. 129–133 (platinummetalsreview.com).
  12. M. N. Godlevsky: Kurnakovite, a new Borate. In: Comptes Rendus (Doklady) de l’Académie des Science de l’URSS. 28. Jahrgang, Nr. 7, 1940, S. 638–640 (rruff.info [PDF]).
  13. N. T. Kuznetsov, V. M. Novotortsev: Nikolai Semenovich Kurnakov (to the 150th Anniversary of His Birthday). In: Russian Journal of Inorganic Chemistry. 55. Jahrgang, Nr. 11, 2010, S. 1668–1679, doi:10.1134/S0036023610110021.