Oxy-Vanadium-Dravit

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Oxy-Vanadium-Dravit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer
  • IMA 1999-050
  • 2012 s.p.[1]
IMA-Symbol

Ovdrv[2]

Andere Namen
  • Vanadiumdravit
  • Vanadium-Dravit[3]
Chemische Formel NaV3+3(V3+4Mg2)(Si6O18)(BO3)3(OH)3O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Dana

VIII/E.19-035

61.03e.01.12
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal[4][3]
Kristallklasse; Symbol 3/mVorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse[4][3]
Raumgruppe R3m (Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160[4][3]
Gitterparameter a = natürlich: 16,1908(4) Å; c = natürlich: 7,4143(2) Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Zwillingsbildung nicht beobachtet[4][3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,32(2)[4] berechnet: 3,213[3]
Spaltbarkeit schlecht nach den Prismenflächen {101} und {110}[4]
Bruch; Tenazität muschelig[4]
Farbe schwarz[4]
Strichfarbe grün[4]
Transparenz Bitte ergänzen!
Glanz Harzglanz[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,786(5)[4]
nε = 1,729(4)[4]
Doppelbrechung δ = 0,057
Optischer Charakter einachsig negativ[4]
Pleochroismus stark von dunkel bräunlich-grün nach gelbgrün[4]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten unlöslich in Salzsäure (HCl) und Salpetersäure (HNO3)[4]

Das Mineral Oxy-Vanadium-Dravit ist ein sehr seltenes Ringsilikat aus der Turmalingruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Na(V3+3)(V3+4Mg2)(Si6O18)(BO3)3(OH)3O.[3]

Oxy-Vanadium-Dravit ist anhand äußerer Kennzeichen nicht von anderen Chrom- oder Vanadium-haltigen Turmalinen zu unterscheiden. Er kristallisiert mit trigonaler Symmetrie und bildet schwarze bis dunkelgrüne, prismatische Kristalle von unter einem Millimeter Größe. Im Dünnschliff erscheinen sie bräunlich-grün bis gelbgrün.[4] Wie alle Minerale der Turmalingruppe ist Oxy-Vanadium-Dravit pyroelektrisch und piezoelektrisch.

Die Typlokalität sind chrom- und vanadiumreiche Metasedimente (z. B. Quarzite, Marmore) in der Umgebung von Sljudjanka am Südende des Baikalsees in der Oblast Irkutsk, Russland.[4][3][5]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vanadiumhaltige Dravite kennt man seit Mitte des 20. Jahrhunderts aus graphitführenden, quarzreichen metamorphen Gesteinen z. B. aus Usbekistan oder Tansania. Die erste Beschreibung des Vanadium-Analogs von Dravit unter dem Namen Vanadiumdravit gaben Reznitsky und Mitarbeiter im Jahr 2001.[4]

Eine erneute Untersuchung des Typmaterials aus Sljudjanka 12 Jahre später ergab eine OH-ärmere Zusammensetzung und führte zu einer Neudefinition des Turmalins als Oxy-Vanadium-Turmalin. Der Name wurde nach der Zusammensetzung vergeben, das Vanadium-Analog von Oxy-Dravit.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der strukturellen Klassifikation der IMA gehört Oxy-Vanadium-Dravit zusammen mit Bosiit, Oxy-Schörl, Oxy-Dravit, Maruyamait, Povondrait, Chromo-Alumino-Povondrait, Oxy-Chrom-Dravit, Princivalleit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit und Vanadio-Oxy-Dravit zur Alkali-Untergruppe 3 in der Turmalinobergruppe.[6]

Da Oxy-Vanadium-Dravit erst 2013 beschrieben worden ist, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz nicht verzeichnet. Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik kennt den Oxy-Vanadium-Dravit ebenfalls noch nicht.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach der alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage richtet, erhielt das Mineral als Oxy-Vanadiumdravit die System- und Mineralnummer VIII/E.19-035. In der Lapis-Systematik entspricht dies der Abteilung „Ringsilikate“, wo Oxy-Vanadium-Dravit zusammen mit Adachiit, Bosiit, Chrom-Dravit, Chromo-Alumino-Povondrait, Darrellhenryit, Dravit, Elbait, Feruvit, Fluor-Buergerit, Fluor-Dravit, Fluor-Elbait, Fluor-Liddicoatit (ehemals Liddicoatit), Fluor-Schörl, Fluor-Tsilaisit, Fluor-Uvit, Foitit, Lucchesiit, Luinait-(OH), Magnesio-Foitit, Maruyamait, Olenit, Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Dravit, Oxy-Foitit, Oxy-Schörl, Povondrait, Rossmanit, Schörl, Tsilaisit, Uvit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit und Vanadio-Oxy-Dravit die „Turmalin-Gruppe“ mit der Systemnummer VIII/E.19 bildet (Stand 2018).[8]

Die von der Mineraldatenbank „Mindat.org“ weitergeführte Strunz-Klassifikation ordnet den Oxy-Vanadium-Dravit in die Abteilung der „Ringsilikate“ (englisch Cyclosilicates), genauer in die Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Einfachringe mit inselartigen, komplexen Anionen“ (englisch [Si6O18]12− 6-membered single rings, with insular complex anions), wo er zusammen mit Chrom-Dravit, Chromo-Alumino-Povondrait, Dravit, Elbait, Feruvit, Fluor-Buergerit, Fluor-Dravit, Fluor-Elbait, Fluor-Liddicoatit, Fluor-Tsilaisit, Fluor-Uvit, Foitit, Liddicoatit, Lucchesiit, Luinait-(OH), Fluor-Rossmanit, Magnesio-Foitit, Magnesio-Lucchesiit, Maruyamait, Olenit, Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Dravit, Oxy-Foitit, Oxy-Rossmanit, Oxy-Schörl, Oxy-Uvit, Oxy-Vanadium-Dravit, Povondrait, Rossmanit, Schörl, Tsilaisit, Uvit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit und Vanadio-Oxy-Dravit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 9.CK.05 bildet (vergleiche dazu „Turmalingruppe“ in der gleichnamigen Unterabteilung der Klassifikation nach Strunz (9. Auflage)).[9]

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Oxy-Vanadium-Dravit die System- und Mineralnummer 61.03e.01.12. Dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung der „Ringsilikate: Sechserringe“. Hier ist er zusammen mit Dravit, Schörl, Fluor-Schörl und Chrom-Dravit in der „Schörl-Untergruppe“ mit der Systemnummer 61.03e.01 innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Sechserringe mit Boratgruppen (Natriumhaltige Turmalin-Untergruppe)“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oxy-Vanadium-Dravit ist das Vanadium-Analog von Oxy-Dravit und Oxy-Chrom-Dravit und hat die idealisierte Zusammensetzung [X]Na[Y]V3+3[Z](V3+4Mg2)([T]Si6O18)(BO3)3[V](OH)3[W]O,[3] wobei [X], [Y], [Z], [T], [V] und [W] die Positionen in der Turmalinstruktur sind.

Für den Oxy-Vanadium-Dravit aus der Typlokalität wurde folgende Zusammensetzung bestimmt:

  • [X](Na0,88K0,070,05)[Y](V3+2,46Mg2+0,48Ti4+0,06)[Z](V3+3,14Mg2+1,74Al0,91Cr3+0,21)[[T](Si5,99Al0,01)O18](BO3)3[V](OH)3[W][O0,78(OH)0,14F0,08][3]

Zwischen den Vanadium-Chrom-Aluminium-Oxy-Turmalinen besteht vollkommene Mischbarkeit entsprechend der Austauschreaktionen:[10]

Die Eisengehalte aller Vanadium-Chrom-Oxy-Turmaline sind vernachlässigbar gering.[10]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oxy-Vanadium-Dravit kristallisiert mit trigonaler Symmetrie in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 mit 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Mischkristalls aus der Typlokalität sind: a = 16,1908(4) Å, c = 7,4143(2) Å.[3]

Die Kristallstruktur ist die von Turmalin. Natrium (Na+) besetzt die von 9 Sauerstoffen umgebene X-Position, die oktaedrisch koordinierte [Y]-Position ist überwiegend mit Vanadium (V3+) besetzt und die kleinere, ebenfalls oktaedrisch koordinierte [Z]-Position ist gemischt besetzt mit vier Vanadium (V3+) und zwei Magnesium (Mg2+). Die tetraedrisch koordinierte [T]-Position enthält Silizium (Si4+). Die [V]-Anionenposition ist vorwiegend mit (OH)- besetzt und die [W]-Anionenposition mit einem Sauerstoffion (O2-).[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die granulitfaziellen Metasedimente in der Umgebung von Sljudjanka am Südende des Baikalsees in der Oblast Irkutsk, Russland, besonders die graphithaltigen Quarzite des Pereval-Marmor-Steinbruchs, sind die Typlokalität von zahlreichen Vanadium- und Chrom-Mineralen, darunter die Turmaline Chromo-Alumino-Povondrait, Oxy-Chrom-Dravit, Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit, Vanadio-Oxy-Dravit und Oxy-Vanadium-Dravit. Begleitminerale von Oxy-Vanadium-Dravit sind Quarz, Cr-V-haltiger Diopsid, Calcit und sekundärer Tremolit. Akzessorisch kommen noch Cr-V Glimmer (Chromphyllit), Karelianit, Chromit-Coulsonit- und magnetitreiche Spinelle, Uwarowit- und goldmanitreiche Granate, Natalyit, Pyrit, Baryt, V-haltiger Titanit und Anatas und Cuprokalininit hinzu.[4][3][5]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2024, abgerufen am 23. Mai 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 23. Mai 2024]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p Ferdinando Bosi, Leonid Z. Reznitskii, Eugene V. Sklyarov: Oxy-vanadium-dravite, NaV3(V4Mg2)(Si6O18)(BO3)3(OH)3O: Crystal structure and redefinition of the “vanadium-dravite” tourmaline. In: American Mineralogist. Band 98, 2013, S. 501–505 (englisch, rruff.info [PDF; 455 kB; abgerufen am 23. Mai 2024]).
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t John L. Jambor, Edward S. Grew, Andrew C. Roberts: New Mineral Names: Vanadiumdravite. In: American Mineralogist. Band 87, 2002, S. 1512 (englisch, minsocam.org [PDF; 75 kB; abgerufen am 23. Mai 2024]).
  5. a b Fundortliste für Oxy-Vanadium-Dravit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 23. Mai 2024.
  6. Darrell J. Henry, Barbara L. Dutrow: Tourmaline studies through time: contributions to scientific advancements. In: Journal of Geosciences. Band 63, 2018, S. 77–98 (englisch, jgeosci.org [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 23. Mai 2024]).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 23. Mai 2024 (englisch).
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Classification of Oxy-vanadium-dravite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. Mai 2024 (englisch, siehe auch Anker „Strunz-Mindat“).
  10. a b Ferdinando Bosi, Alessandra Altieri, Fernando Cámara, Marco E. Ciriotti: Chromium-rich vanadio-oxy-dravite from the Tzarevskoye uranium–vanadium deposit, Karelia, Russia: a second world-occurrence of Al–Cr–V–oxy-tourmaline. In: Mineralogical Magazine. Band 84, 2020, S. 797–804 (englisch, cambridge.org [PDF; 470 kB; abgerufen am 23. Mai 2024]).