Diskussion:Biologismus/Archiv/2012

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Letzter Kommentar: vor 12 Jahren von David Ludwig in Abschnitt Physikalismus
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Physikalismus

"Biologismus" wird allerdings auch häufig abgrenzend gegen den "Physikalismus" verwendet. Eine ähnliche Mehrdeutigkeit gibt es zum Reduktionismus, also der Biologismus will sich gerade nicht auf die Chemie und Physik reduzieren lassen, sondern vertritt ein eigenes Programm. --Gamma γ 19:11, 10. Apr. 2012 (CEST)

Ja, Biologismus ist einfach ein vager Begriff und kann sicher für physikalistische wie antiphysikalistische Positionen verwendet werden. Viel, was derzeit unter dem Label "Biologismus" läuft, ist sicher physikalistisch motiviert. Mentales, Psychisches, Soziales ... muss biologisch erklärt werden, weil es sonst nichtphysisch wäre. Einen solchen physikalistischen Biologimus findet man ja z.B. ständig im Bereich der Philosophie des Geistes / der Neurowissenschaften. Aber sicher kann man "Biologismus" auch anders verwenden. Hast Du konkrete Beispiele für dezidiert antiphysikalistische Verwendungen von "Biologismus"? Fände ich super spannend... Grüße, --David Ludwig (Diskussion) 21:38, 10. Apr. 2012 (CEST)
Also ist mir mehrfach aufgefallen. Versuchs mal bei "Krohs, U. & Toepfer, G. (eds.): Philosophie der Biologie. Eine Einführung. Suhrkamp, Frankfurt/Main". Ich guck bei Gelegenheit selber mal. Das häufige Argument in der Philosophie der Biologie ist eben kurz: wenn man die Biologie auf die Physik reduzieren kann, dann kann man sich auch die Philosophie der Biologie und weitgehend auch eine eigenständige Biologie schenken. Das wäre natürlich für die Philosophen und Biologen ziemlich ärgerlich... Biologismus als Gefahr der Vereinnahmung von "Mentales, Psychisches, Soziales" durch eine "physikalistische Biologie" findet man dagegen in der Philosophie der Biologie nur selten. --Gamma γ 22:07, 10. Apr. 2012 (CEST)
Seite 418 ist noch ein wenig dünn; da wird die "Maschinenmetapher" mit einem "kruden Biologismus" gleichgesetzt. --Gamma γ 22:55, 10. Apr. 2012 (CEST)
"dann kann man sich auch die Philosophie der Biologie und weitgehend auch eine eigenständige Biologie schenken." Gibt es wirklich solche Simpel unter den Philosophen, die das glauben? Wer?
Wie jeder halbwegs intelligente Wissenschaftler bald merkt, ergeben sich bei jeder Stufe, die auf einer anderen aufbaut, neue Elemente, die der Sache einen völlig neuen Charakter geben und eine neue Denkweise erfordern. Es gibt also Philosophen, die noch nicht mal so weit sind, dass sie das gerafft haben? --Hob (Diskussion) 11:42, 11. Apr. 2012 (CEST)
Wie ich einen Abschnitt drüber angedeutet habe, gibt es noch eine dritte Form des Biologismus neben einem (letztlich physikalistischen) Szientismus, der sagt, dass nichts in den Geisteswissenschaften Sinn ergibt außer im Lichte der Biologie und dem (vielleicht auch von Ernst Mayr vertretenen) Biologismus, der sich vor allem emergenztheoretisch gegen den Physikalismus richtet: nämlich eine Kritik an der "General Systems Theory" als ‚Biologismus‘, da soziale Systeme zB bei Niklas Luhmann mit „biologistischen“ Metaphern erklärt werden sollen. Diese Form des Biologismus geht von Strukturanalogien aus, die sich mit Emergenzvorstellungen und einer Eigengesetzlichkeit des Sozialen durchaus vertragen.
@Hob: Philosophen gehts ja idR um Prinzipielles: ließen sich Organismen (z.B. in ferner Zukunft oder ausreichender Rechnerkapazität) aufgrund physikalischer Anfangszustände und Gesetzmäßigkeiten erklären, setzen hier unsere Erkenntnismöglichkeiten dem Grenzen oder sind Organismen prinzipiell nicht physikalisch determiniert.--olag disk 2cv 11:56, 11. Apr. 2012 (CEST)

(BK)Ich halte es für ratsam, Biologismus im Sinne, wie ihn Gamma benennt vom Biologismus im Sinne der Biologisierung zu trennen. Das sind zwei verschiedene Inhalte, die trotz Überschneidungen auch zwei Artikel haben sollten. Das gabs schon mal, ist aber damals rückgängig gemacht worden. -- Schwarze Feder talk discr 11:59, 11. Apr. 2012 (CEST)

Ich halte nicht viel davon unscharfe mehrdeutige Begriffe auf eine Vielzahl vermutlich genauso unscharfer Lemmata zu verteilen. Weil oft die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bedeutungen genauso große Schwierigkeiten mit sich bringt wie die Definition eines umfassenden und eindeutigen Begriffs. Da ist es besser, die verschiedenen unzusammenhängenden aber verfilzten Fasern des roten Fadens bleiben zusammen.--olag disk 2cv 13:01, 11. Apr. 2012 (CEST)

Mir scheint, dass es bei "Physikalismus" und "Biologismus" trotz ähnlich gebildeter Labels um wesentlich verschiedene Dinge geht. Bei "Physikalismus" geht es primär um Metaphysik, bei "Biologismus" (zumindest im gegenwärtigen Sprachgebrauch) primär um Methodologie. Physikalisten behaupten, dass es nur physische Entitäten gibt und diese metaphysische Behauptung impliziert keinesfalls, dass Wissenschaftler de facto alles durch Physik erklären können. Im Gegenteil, es gibt ja viele nichtreduktive Physikalismen. Z.B. ist Jerry Fodor ein Physikalist, der prominent für die Autonomie der Psychologie und Sozialwissenschaften gegenüber Biologie und Physik argumentiert hat. Bei den Debatten um Biologismus geht es demgegenüber meist um die methodologische Frage, in welchem Maße sich z.B. Verhaltensweisen oder kognitive Strukturen biologisch erklären lassen. Hier kann man zumindest prinzipiell Biologist sein, ohne sich auf eine physikalistische Metaphysik festzulegen. In diesem Sinne ist Physikalismus weder notwendig noch hinreichend für Biologismus und Biologismus weder notwendig noch hinreichend für Physikalimus. D'accord? --David Ludwig (Diskussion) 13:33, 11. Apr. 2012 (CEST)