Rick Schmidlin

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Richard „Rick“ Schmidlin (* 22. Oktober 1954 in Paterson, New Jersey) ist ein US-amerikanischer Filmschaffender, dessen Werk sich vor allem auf die Erhaltung, Archivierung und Restaurierung alter Filmklassiker oder Rekonstruktion verschollener Filme konzentriert.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rick Schmidlin wurde 1954 als eines von drei Kindern von Marjorie B. Schmidlin und Albert Joseph Schmidlin in Paterson geboren.[1] Er studierte Film am Los Angeles City College.[2]

Schmidlin arbeitete von 1979 bis 1985 als Beleuchter, wobei er zunächst auf dem Sunset Boulevard in West Hollywood im Rockclub Whisky a Go Go tätig war. Später war er in den Vereinigten Staaten und Europa unter anderem für die Beleuchtung auf Konzerten von Bands und Musikern wie X, The Blasters, The Cramps, The Gun Club, Los Lobos, Go-Go’s, Dead Kennedys, PIL, Germs, Romeo Void, The Mutants, Ultravox, Chuck Berry, Big Joe Turner und Jennifer Holliday verantwortlich.[3]

Seit Ende der 1970er Jahre arbeitete er sporadisch auch in der Filmindustrie als Produktionsassistent, Berater und Location Manager. Anfang der 1980er Jahre produzierte er einige Musikvideos für die Punkband X, für die er zuvor bereits als Beleuchter und Tourmanager gearbeitet hatte.[3][2] In den 1980er und 1990er Jahren war er als Archivar der Rockband The Doors tätig.[4] 1987 produzierte Schmidlin die Doors-Konzertdokumentation Live at the Hollywood Bowl. Es folgten weitere Projekte für die Band, darunter 1999 das Video The Doors Collection mit einer Zusammenstellung von Kurzfilmen, Interviews und Konzertmitschnitten. Daneben arbeitete er in den 1980er Jahren auch für Frank Zappa, den er bei Videoproduktionen für dessen Archiv unterstützte.[3][4]

Von 1987 bis 1992 produzierte Schmidlin mit dem Easyriders Video Magazine ein als Abo-Service verfügbares Video-Magazin und produzierte und filmte diverse Promotionvideos für Harley-Davidson.[3] Daneben arbeitet er auch als Restaurator von Laserdisc-Veröffentlichungen.[5]

1998 überzeugte Schmidlin den Filmverleih Universal Pictures, eine neue Version von Orson Welles′ Film Im Zeichen des Bösen zu erstellen. Der Film war gegen den Willen des Regisseurs 1958 vom Studio drastisch gekürzt und umgeschnitten worden, wogegen Welles in einem 58-seitigen Memorandum protestiert hatte. Schmidlin konnte das komplette Memorandum ausfindig machen und den Filmeditor Walter Murch für das Projekt gewinnen, der nach Welles Ausführungen im Memorandum den Film so schnitt, wie er auf Basis des verfügbaren Materials bestmöglich dem Willen des Regisseurs entsprechen konnte.[5][6]

Schmidlin und Murch waren auch in die Restauration des The Dickson Experimental Sound Film aus dem Jahr 1894 involviert.[7][4]

Im Jahr darauf produzierte Schmidlin für Turner Classic Movies mit Hilfe hunderter Standfotos und verschiedener Kopien des Films auf Basis des 330 Seiten langen Originaldrehbuchs eine 243 Minuten lange Fassung von Erich von Stroheims Stummfilm Gier, den das Studio zur Veröffentlichung im Jahr 1924 von ursprünglich 9 Stunden auf 143 Minuten gekürzt hatte.[8] Während der Recherchen für den Film stieß er auf einen Teil des Nachlasses von Stroheims, den die Schwester der letzten Lebensgefährtin von Strohheims in Frankreich verwahrt hatte.[9][8][4] Das Archiv enthielt über 4.000 Fotografien, diverse Originaldrehbücher, die private und berufliche Korrespondenz von Stroheims sowie Entwürfe und Notizbücher.[4] Schmidlin überzeugte Jacqueline Keener, das Archiv der Margaret Herrick Library zu spenden, die bereits 1993 vom Sohn des Regisseurs Josef von Stroheim einen anderen Teil des Nachlasses erhalten hatte.[4] Auf Basis des Materials kuratierte er auch drei Ausstellungen über von Stroheim in der Academy of Motion Picture Arts and Sciences sowie in Bonn und Potsdam.[4]

Für seine Verdienste um die Wiederherstellung der ursprünglichen Versionen von Im Zeichen des Bösen und Gier wurde Schmidlin mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

2001 veröffentlichte Schmidlin eine komplett neu erstellte Version der Filmdokumentation Elvis – That’s the Way It Is[10], für die er fast 20.000 Meter Original-Negativmaterial sichtete und zahlreiche Sequenzen daraus in den Film integrierte.[11] Im Gegenzug schnitt er belanglose Fan-Kommentare aus dem Film. Die neue Version des Films basierte zur Hälfte auf bislang unveröffentlichtem Material und zeigte unter anderem vier weitere Musikstücke.[11] Die Schnitte und der Ton wurden an aktuelle technische Standards angepasst.

Sein nächstes Projekt war die Rekonstruktion des verschollenen Filmes Um Mitternacht (1927) von Tod Browning, für den er etwa 200 Standbilder nutzte, um auf Basis des Drehbuchs eine 48 Minuten lange Fassung zu schaffen.

Im Jahr 2005 zog Schmidlin nach Vancouver.[12] Dort unterrichtete er als Adjunct Professor an der University of British Columbia in der School of Library, Archival, and Information Studies.[13][4] Im August 2014 zog Schmidlin ins texanische Bryan.[14]

Im Jahr 2015 restaurierte Schmidlin Irvin Willats Stummfilm The Grim Game (1919) mit Harry Houdini in der Hauptrolle. Der zuvor als verschollen geltende Film wurde von Schmidlin auf Basis einer neu entdeckten Kopie restauriert.[15][16][17][18]

Seit dem Jahr 2018 leitet er in Bryan als Manager das Kino New Queen Theatre.[19]

Schmidlin ist mit der Bibliothekswissenschaftlerin Francesca Marini verheiratet.[4][14]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1977: Opening Night (Spielfilm; Produktionsassistent)
  • 1978: Laserkill – Todesstrahlen aus dem All (Spielfilm; Assistent)
  • 1980: The Big Red One (Spielfilm; Berater)
  • 1981: Urgh! A Music War (Konzertdokumentation; Konzertbeleuchtung)
  • 1982: Der Mann ohne Gnade (Death Wish II; Spielfilm; Darsteller)
  • 1986: Freiwurf (Hoosiers; Spielfilm; Location Management)
  • 1986: X: The Unheard Music (Konzertdokumentation; Konzertbeleuchtung)
  • 1986: Die Fliege (The Fly; Spielfilm; Assistent des Produzenten)
  • 1987: The Doors: Live at The Hollywood Bowl (Konzertdokumentation; Produzent)
  • 1988: Moving – Rückwärts ins Chaos (Moving; Spielfilm; Assistenz des Location Managements)
  • 1998: Im Zeichen des Bösen (Touch of Evil; Spielfilm; Rekonstruktion der ursprünglichen Version; Produzent)
  • 1999: Gier (Greed; Spielfilm; Rekonstruktion der ursprünglichen Version; Produzent)
  • 1999: The Doors Collection (Zusammenstellung von Kurzfilmen, Interviews und Konzertmitschnitten der Rockband The Doors; Produzent und Regisseur)
  • 2000: The Third Mind (Dokumentarfilm; Co-Produzent)
  • 2000: Love Her Madly (Spielfilm; Produzent)
  • 2001: Elvis – That’s the Way It Is (Konzertdokumentation; Neuschnitt des Films; Produzent der neuen Version)
  • 2002: Um Mitternacht (London After Midnight; Spielfilm; Zusammenstellung von etwa 200 Standbildern, zur Rekonstruktion des verschollenen Filmes; Produzent und Regisseur der restaurierten Version)
  • 2015: The Grim Game (Stummfilm; Restauration des zuvor als verschollen geltenden Films auf Basis einer erhaltenen Kopie)

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Obituary of Marjorie B. Schmidlin. In: teetersfuneralchapel.com, abgerufen am 5. Februar 2023.
  2. a b Rob Clark: 360 Profile: Film producer Rick Schmidlin. In: theeagle.com vom 24. September 2017.
  3. a b c d "Dieses Scheusal Stroheim!" Der Regisseur und Schauspieler Erich von Stroheim – Vita Rick Schmidlin. In: filmmuseum-potsdam.de, abgerufen am 5. Februar 2023.
  4. a b c d e f g h i Rick Schmidlin: Teaching the Management of Audiovisual and Non-textual Archives: Theory, Practice, Cookies, and Rock ’n’ Roll. In: the Bulletin. Ausgabe März 2009, Association of Canadian Archivists, S. 11–12.
  5. a b Michael Ondaatje: Die Kunst des Filmschnitts – Gespräche mit Walter Murch. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2002, ISBN 3-446-20588-8, S. 181 ff.
  6. Abbie Bernstein: Re-Touch of "Evil" Charlton Heston, Janet Leigh, and re-edit producer Rick Schmidlin describe the struggle to bring Orson Welles' dark vision back into the light of authenticity. In: backstage.com vom 4. November 2019.
  7. Cormac Donnelly: The Dickson Experimental Sound Film. In: designingsound.org vom 7. Mai 2014.
  8. a b Wilfried Hippen: Die restaurierte Ruine „Greed“ von Erich von Stroheim. In: taz.de vom 1. Dezember 2005.
  9. Rick Schmidlin: My Saga of the Newly Discovered Estate of Erich von Stroheim. In: The Moving Image: The Journal of the Association of Moving Image Archivists, Vol. 6, No. 2 (Herbst 2006), University of Minnesota Press, S. 101–109.
  10. Piers Beagley, Nigel Patterson: Interview with Rick Schmidlin, Producer of "TTWII" Special Edition 2000. In: elvisinfonet.com, abgerufen am 5. Februar 2023.
  11. a b Caroline Amann: Elvis: That’s the Way It Is. In: Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 5.1, 2010, S. 61.
  12. Andrew Weichel: One night only! Vancouver history unfolds on the big screen. In: bc.ctvnews.ca/ vom 22. November 2009.
  13. SLAIS Adjunct Faculty Contact Information. In: slais.ubc.ca, abgerufen am 5. Februar 2023 (Archiv-Version).
  14. a b Caitlin Clark: Film, music veteran Rick Schmidlin to manage Queen Theatre lineup. In: theeagle.com vom 22. März 2018.
  15. Joe Posnanski: The Life and Afterlife of Harry Houdini. Avid Reader Press, Simon & Schuster, New York, 2019, ISBN 978-1-5011-3723-5, S. 289 ff.
  16. Lisa de Moraes: Rarely Seen Harry Houdini Film ‘The Grim Game’ To Premiere At TCM Film Festival. In: deadline.com vom 23. Januar 2015.
  17. Rick Schmidlin (Part I): Finding The Grim Game. In: wildabouthoudini.com vom 17. April 2015.
  18. Rick Schmidlin (Part II): Saving The Grim Game. In: wildabouthoudini.com vom 19. April 2015.
  19. Jessica Gruenling: New Queen Theatre house manager comes with impressive resume. In: kbtx.com vom 20. März 2018.